Grafik: STANDARD, Fotos: Signa

Berlin ist in vielen Kenndaten quasi ein "doppeltes Wien": Bei den Einwohnerzahlen etwa, die sich in Berlin wieder Richtung vier Millionen bewegen (wo sie um 1900 schon einmal waren), in Wien bekanntlich bald bei zwei Millionen liegen dürften (wo sie auch schon einmal waren). Die Fläche von 892 km² ist etwas mehr als das Doppelte von Wien (415 km²), die Zahl der Gästenächtigungen mit 31,3 Millionen gegenüber 15,8 Millionen über den Daumen gepeilt ebenso.

"Bis 20" vs. "bis 40" Euro in Bürotürmen

Diese Aufstellung ließe sich noch fortführen. Interessanterweise auch in einer Kategorie, in der man es nicht erwarten würde: der Spitzenmiete in Bürotürmen. Jahrelang lagen diese in Berlin zwischen 20 und 25 Euro, nun werden in Türmen aber auch "deutlich über 30 Euro" gezahlt, heißt es bei CBRE. Unter anderem bei der österreichischen Signa Holding profitiert man von diesem starken Anstieg: Signa erwarb im November 2017 im Zuge eines Portfolio-Deals das Hochhaus "Upper West" zwischen Kurfürstendamm und Zoologischem Garten. Es markiert gemeinsam mit dem Hochhaus "Zoofenster" und der Gedächtniskirche das Portal zur "City West" rund um den Kurfürstendamm.

Signa hat schon 2015 eigene Büros in dem Turm bezogen, anfangs noch als Mieter, für 32 Euro pro Quadratmeter, sagte Signa-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber kürzlich bei einem Branchenevent in Wien. Nun verwerte man die restlichen Flächen um bis zu 40 Euro. Laut Signa ist der Turm mittlerweile auch voll vermietet.

Zwei Zentren im Fokus

Etwas weiter östlich hat Berlin mit der "City East" rund um die Straßen Unter den Linden und Friedrichstraße sowie den Alexanderplatz ein zweites Bürozentrum mit Spitzenmieten jenseits der 30 Euro. Und südlich angrenzend gibt es noch einen dritten Teilmarkt, in dem ebenfalls recht hohe Büromieten von bis zu 30 Euro gezahlt werden: das Areal um Potsdamer und Leipziger Platz.

In Wien konzentriert sich bekanntlich sehr vieles auf die Innenstadt, so auch der Büromarkt. Nur hier, in Top-Gebäuden in der City, werden die Spitzenmieten von derzeit knapp 26 Euro erreicht. Im Hochhausviertel auf der Donauplatte sowie auch bei den neuen Büroturm-Entwicklungen rund um den Hauptbahnhof sind laut Gewerbemaklern 20 Euro zumindest derzeit die Höchstgrenze.

Sehr gut gefüllte Projekt-Pipeline

In Berlin aber sind neue Bürotürme – siehe Upper West – auch in den beiden Büromarktzentren möglich; auf diese konzentriert sich der Markt in Berlin deshalb auch viel stärker als in Wien auf die City. Rund die Hälfte aller Anmietungen finden in der City West oder der City East statt. Und das wird sich auch auf absehbare Zeit nicht ändern: Laut CBRE sind bis 2020 in der City East rund 400.000 m², in der City West nochmals fast 300.000 m² an neuen Büroflächen geplant bzw. schon in Bau. Die gesamte Berliner Projekt-Pipeline erreicht fast 1,5 Millionen Quadratmeter, mehr als die Hälfte davon spekulativ (in Wien sind laut Büromarktbericht von Otto Immobilien Projekte mit gesamt rund 550.000 m² in Bau oder projektiert). Zum Vergleich: In den vergangenen zehn Jahren wurden im Schnitt "nur" jeweils 172.000 m² fertiggestellt.

Die Vermietungen lagen in Berlin in den Jahren 2010 bis 2013 stets um die 500.000 m², machten dann zwei große Sprünge auf über 900.000 m² in 2017. Für heuer wird ein leichter Rückgang erwartet, laut Experten aber nur deshalb, weil das Angebot fehlt.

Konzerne kommen wieder

Dass der Boom deshalb ein baldiges Ende finden wird, ist nicht zu erwarten. "Berlin hat noch Wachstum vor sich, das andere schon hinter sich haben", ist der neue (deutsche) CEO der CA Immo, Andreas Quint, überzeugt. Er baut im Europaviertel gerade am prestigeträchtigen Büroobjekt "Cube" (siehe Artikel).

Kai Mende, Büromarktanalyst bei CBRE in Berlin, zählt ein paar Faktoren auf, warum der Berliner Büroboom eigentlich gerade erst so richtig losgeht: Da wäre zum einen das noch völlige Fehlen von Dax-Konzernzentralen. Diese gab es zu DDR-Zeiten in Westberlin noch, "allerdings subventioniert"; die Niederlassungen waren also politisch gewünscht. Nun werden sie wieder kommen, ist Mende überzeugt. Ihre "Innovation Labs" haben sie meist ohnehin schon im gerade auch als Tech-Standort sehr gefragten Berlin. "Hier finden sie die kreativen Talente."

In Wien dagegen wird zuletzt immer häufiger beklagt, dass sich fast keine Konzerne mehr neu ansiedeln würden.

Von Bonn nach Berlin

Zum anderen hätten immer noch viele deutsche Bundesbedienstete ihren Schreibtisch in Bonn, so Mende; erst 60 Prozent seien nach Berlin übersiedelt. Eine Steigerung auf 70 bis 80 Prozent auf absehbare Zeit wird erwartet. So könnte Berlin bald München den Rang als Deutschlands Büromarkt Nummer eins ablaufen. Noch ist die bayrische Hauptstadt mit einem Bestand von 21,43 Millionen Quadratmetern allerdings doch recht weit vorn.

In Wien liegt der Bestand bei elf Millionen Quadratmeter, die Bundeshauptstadt ist damit der mit Abstand größte Büromarkt Österreichs. (Martin Putschögl, 27.6.2018)