Sich immer kümmern um alles und um alle: Am Ende zahlt frau finanziell drauf. Das war auch schon unter SPÖ-Bundeskanzlern so.

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Von den vielen Recherchen, die DER STANDARD zum Thema Zwölfstundentag geleistet hat, sticht eine besonders ins Auge: Wir haben darüber berichtet, dass sich Franz Astleithner, ein Spezialist der Uni Wien und des Forba-Instituts für die Arbeitswelt, angeschaut hat, wie sich derzeit die geleisteten und bezahlten Überstunden aufteilen.

Das Ergebnis: Vor allem Männer leisten besonders viele Überstunden, sie bekommen auch am öftesten dafür bezahlt. Besonders viel zusätzliche, bezahlte Arbeit leisten Männer mit Kindern, während Frauen mit Kindern meistens Teilzeit arbeiten – und keine Überstunden machen beziehungsweise bezahlt bekommen.

Der Erna geht's nicht gut

Da bekommt das schon hinreichend vernichtete Liedchen der Wirtschaftskammer zum Thema Zwölfstundentag eine sarkastische Note: "Geht's dem Werner gut, geht's auch der Erna gut!" Stimmt leider nicht. Weder in der Vergangenheit – und bestimmt auch nicht in der Zukunft, wenn das so kommt, was die Regierung plant.

SPÖ und Gewerkschaft tun jetzt so, als wäre plötzlich der Manchesterkapitalismus ausgebrochen. Sie laufen Sturm gegen die – aus ihrer Sicht – geplante massive Verschlechterung für Arbeitnehmer. Die Regierung stellt auf stur und will die Sache im Eiltempo durch den Nationalrat peitschen. Das ist ein eigenes, düsteres Kapitel.

Schuss ins Frauenknie

Vollkommen unter geht dabei, dass die Arbeitszeitregelungen schon bisher für eine – ziemlich große – Bevölkerungsgruppe, die der Frauen, nicht sehr vorteilhaft waren. Die Teilzeitregelung, irgendwann einmal als Akt der Frauen- und Familienfreundlichkeit präsentiert, erweist sich mit jedem Jahr mehr als Schuss ins Knie von Frauen. Wer Teilzeit arbeitet, hat schlechtere Chancen auf Beförderung und Aufstieg, die Bezahlung lässt zumeist zu wünschen übrig, Überstunden macht frau zwar oft trotzdem, bekommt sie aber nicht bezahlt (siehe Forba-Untersuchung), und wenn dann die Pension ansteht, kommt erst recht das große Jammern und Wehklagen.

Teilzeit ist eine Frauenfalle – und die meisten tappen nicht blauäugig hinein, sondern in vollem Bewusstsein, sich selbst damit nichts Gutes zu tun. Aber es geht ja um die Kinder, um die Familie, da bringt frau gerne Opfer.

Immer dabei

Mann offenbar eher nicht – oder noch immer nicht in gleichem Maß. Das wird dann wiederum belohnt (siehe bezahlte Überstunden). Frauen leisten innerhalb ihrer Teilzeitverträge oft die doppelte Arbeit. Die Zeit ist knapp, also arbeitet man schneller, geht eben nicht zum Businesslunch mit Kunden und/oder Kollegen, und den Zahnarzttermin macht man in der "Freizeit", und die Kinderparty organisiert man dann auch noch allein – der Mann muss ja schließlich arbeiten.

Die SPÖ war bei der Fortschreibung dieses Gesellschaftsmodells immer dabei. Nicht begeistert, zugegeben. Sie wollte die 35-Stunden-Woche durchsetzen, Halbe-Halbe bei der Karenz et cetera – und ist oft am Langzeitkoalitionspartner ÖVP gescheitert. Dieser hat stets auf "Freiwilligkeit" gepocht und gegen "Zwang" (zum Beispiel die Kinder in den Kindergarten geben zu "müssen") gewettert – und ist damit, nicht nur innerhalb der Regierung, weit gekommen. Am Ende hat man sich im Sinne eines vermeintlichen Koalitionsfriedens dann auf einen Kompromiss geeinigt. Der war selten im Interesse von Frauen, denn auch der SPÖ war es am Ende selten wichtig genug, voll auf Konfrontation zu gehen und einen Bruch der Koalition in Kauf zu nehmen.

Nicht wichtig genug

Man leistete sich jahrelang die Schlechteste aller Regierungsvarianten: öffentlich ausgetragenen Zwist um ein Thema, der das Bild der Zerstrittenheit immer weiter fütterte. Am Ende Harmonie um jeden Preis – und kein Wähler, keine Wählerin verstand mehr, was davon jetzt noch SPÖ- und was ÖVP-Position war. Umso weniger, als die Genossen dann auch noch "unbequeme" weibliche Abgeordnete bei gutem Wind aus dem Parlament komplimentierten.

Gerade eben ist die SPÖ dabei, ihre Positionen neu zu überdenken. Wo, und vor allem wofür, steht man? Bei der Gelegenheit sollte man auch überlegen, wie wichtig einem die Themen Gleichstellung, Frauenrechte und gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit bisher wirklich waren. Offenbar nie wichtig genug, weder für die Partei noch für die Gewerkschaft, um die eigene Position mit aller Konsequenz zu vertreten. Herausgekommen sind eine stetig auseinanderklaffende Einkommensschere und ein Pensionistinnenprekariat. Sich jetzt darüber aufzuregen, dass es noch schlimmer kommen soll, ist reichlich spät. (Petra Stuiber, 21.6.2018)