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Motorräder von Harley Davidson stehen sinnbildlich für die Vereinigten Staaten. In der EU dürften sie bald merkbar teurer werden

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Laut und kraftvoll, gleichzeitig zurückgelehnt, relaxed und freiheitsliebend: Auf einer Harley über die knapp 4000 Kilometer der Route 66 entlangzubrettern steht für den American Way of Life. Die ikonischen anachronistischen Kraftprotze sind ein Exportschlager auf der ganzen Welt. Fast jedes zweite von rund 250.000 Motorrädern verkaufte Harley-Davidson im Vorjahr im Ausland, die mit Abstand wichtigsten Märkte sind Europa und der Nahe Osten. Ihr Stellenwert machte die Marke gleichzeitig zum Ziel im Handelsstreit.

Ab Freitag gilt in der EU ein Zoll von zusätzlich 25 Prozent auf sämtliche Motorräder, sowie auf dutzende weitere Güter aus den Vereinigten Staaten. Die Liste umfasst Importe im Wert von 2,8 Milliarden Euro. Die Zölle sind Brüssels Antwort auf die Anfang Juni gegen die EU verhängten Stahl- und Aluminium Zölle durch US-Präsident Donald Trump.

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Die EU verhängt Gegenzölle auf etliche Produkte "made in the USA". Dabei hat Brüssel auf hiesige Konsumenten Rücksicht genommen: Lippenstift verschwand wieder von der Liste.
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Die EU habe keine andere Möglichkeit als Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um europäische Interessen und Arbeitsplätze zu schützen, sagte Handelskommissarin Cecilia Malmström am Donnerstag. "Wir denken, dass es lächerlich ist, die EU als Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA zu betrachten", sagte die Kommissarin mit Blick auf die US-Begründung für die Zölle.

Umgekehrt hat die Produktliste der EU nichts mit der nationalen Sicherheit zu tun. Gemäß WTO-Regeln summiert sich ihr Wert auf den Schaden durch die US-Zölle. Die Auswahl der Güter lässt jedoch erahnen, wie Brüssel den Handelsstreit gewinnen will.

EU-Strategie im Handelsstreit

Protektionismus ausgleichen: Stahl- und Aluminiumprodukte dominieren die Liste der EU. Das Prinzip "Auge um Auge, Zahn um Zahn" ergibt durchaus Sinn. Trump will die eigenen Metallproduzenten schützen. Wenn die EU nun Druck auf diese Gruppen ausübt, könnte der Vorteil, den die Branche bereits durch deutlich gestiegene Stahlpreise in den USA genießt, gekontert werden. Gleichzeitig schützt Brüssel die hiesigen Produzenten, denen der Zugang zum wichtigsten transatlantischen Markt erschwert wurde.

Unter dieser Balance des Protektionismus leiden vor allem die Abnehmer von Stahl und Aluminium sowie letztlich die Konsumenten. Paradoxerweise warf US-Handelsminister Wilbur Ross am Donnerstag den frisch protegierten US-Stahlproduzenten diese Woche vor, die würden Wucherpreise verlangen. Dabei war der jüngste Anstieg der Stahlpreise in den USA genau das Ziel der Schutzzölle.

Offenbar gehen Washington einige Stahlproduzenten zu gierig mit dem Schutz der Regierung um. Viele US-Unternehmen, die auf Stahl im Produktionsprozess angewiesen sind, wie die Autozulieferer im Mittleren Westen, laufen bereits Sturm gegen Trumps Handelspolitik. Mit den Gegenzöllen auf Stahl will die EU die politische Stimmung zu ihren Gunsten beeinflussen.

Republikaner als Ziele: Die übrigen Produkte auf der Liste mit EU-Zölle sind nicht nur ikonische Produkte für die USA. Dahinter stehen oft wichtige Arbeitgeber in US-Bundesstaaten aus denen einflussreiche Republikaner im Kongress sitzen. Der Mehrheitsführer im Senat ist Mitch McConnell. Er vertritt seit über dreißig Jahren den Bundesstaat Kentucky. Der Südstaat ist vor allem bekannt für seinen Whiskey, genau gesagt Bourbon. Dieser ist auf der Liste.

Der Sprecher des Repräsentantenhauses Paul Ryan ist einer der einflussreichsten Republikaner. Er vertritt den Bundesstaat Wisconsin, Heimat von Harley-Davidson. Aus der Region importiert Europa aber auch Cranberrys, die sich binnen wenigen Jahren in Europas Muffins und Müslis als Alternative zu Rosinen geschlichen haben. Sie stehen auf der Liste, genau so wie Orangensaft.

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Erdnussbutter gehört zu den US-Exportwaren, die die EU künftig besteuern will
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Dessen wichtigster Produzent ist der größte "Swing State" Miami. Ein weiterer dieser schwankenden Staaten, die in den kommenden Parlamentswahlen äußerst umstritten sind, ist Georgia, Herkunft vieler Erdnussbuttermarken, die nun ebenfalls betroffen sind.

Brüssel will die Republikaner gegen den Präsidenten anstacheln. Viele von ihnen haben sich ohnehin gegen den Protektionismus Trumps gestellt, noch bevor konkrete Gegenmaßnahmen bekannt wurden. Die Taktik hat sich in der Vergangenheit sogar für kleinere Handelspartner der USA bewährt. Mexiko hat einen Streit um Lkw-Verkehr mit einem politisch gezielten Boykott von unter anderem Weihnachtsbäumen und Erdbeeren beigelegt.

Der Schlagabtausch verdeutlicht, wie Konsumenten und einige Unternehmen unverschuldet in den Handelsstreit hineingezogen werden. Der hiesige Chef von Harley-Davidson Christian Arnezeder hat bereits eine Verteuerung angedeutet, wenn auch nicht im vollen Umfang von 25 Prozent. Die Bikes kosten zwischen 8500 bis 45.000 Euro. Fans werden bald mehr blechen, um Gummi zu geben. (Leopold Stefan, 22.6.2018)