Als einzige Österreicherin und erste Starterin in Klagenfurt angetreten: Raphaela Edelbauer.

Foto: APA/GERT EGGENBERGER

Klagenfurt – Raphaela Edelbauer, Gewinnerin des Preises der Rauriser Literaturtage 2018, las zum Auftakt und als einzige Österreicherin beim heurigen Bachmannpreis den Text Das Loch. Es geht darin um ein ehemaliges Bergwerk. Nach Jahrhunderten des Abbaus unterhöhlt es heute einen Ort und lässt ihn langsam einbrechen. Ein Auffüllungstechniker soll den Boden stabilisieren. Bald wird auf die Nazi-Vergangenheit des Ortes fokussiert. Man muss die Arbeit des Technikers auch metaphorisch begreifen – für den Umgang mit Altlasten, Erinnerung und Geschichte.

Das ist gut gemacht, reitet mit seiner Kritik aber ein in der heimischen Literatur schon oft gerittenes Pferd. Jurorin Insa Wilke fand diese Verschränkung "griffig". Insgesamt wurde der Text als gelungen aufgenommen, nur die Juroren Hildegard Keller und Michael Wiederstein fanden, er bürde der Figur zu viel auf. Die Schweizerin Martina Clavadetscher erzählte dann aus der Sicht einer frisch verstorbenen 92-Jährigen.

Sie blickt auf Männer, die grob zu ihr waren, und auf die Ohnmacht, die sie als kleine Schneiderin sozial empfand. "Ihr könnt und dürft, ich musste und sollte", lautet die an die Enkel gerichtete Botschaft. Das brachte die Jury zu #MeToo und zum Schweigen von Generationen von Frauen. Manchen war der Text angesichts des Themas zu betulich.

Kunst ohne Verweis auf Trump

Kann man heute Kunst ohne Verweis auf Trump oder den Brexit schaffen, fragte Stephan Lohse und tat es. Lumumbaland handelt von einem weißen Jugendlichen in einem sozial prekären deutschen Vorort. Er identifiziert sich mit dem ersten demokratisch gewählten Premierminister des Kongo (1960). "Sehr gut erzählt", "lässig", "funktioniert prima", so die meisten Statements. Insgesamt war es ein Tag der jungen Autoren. Neben Edelbauer waren auch die letzten beiden Lesenden unter 30. Die Zürcherin Anna Stern erzählte von einer Schwangeren, die beim Bergsteigen verunglückt ist und nun im Koma liegt. Abgesehen von komplizierten schottischen Ortsnamen bot der Text wenig Interessantes. Die Jury wurde überwiegend nicht warm mit ihm.

Joshoa Groß klang in Flexen in Miami dann jugendlich. Sein Held will nicht bei Konformität und Kapitalismus mitmachen. Mal nutzt Groß hippen Slang, dann ist die Sprache banal-konventionell. Groove und Flow wurden ihm attestiert, dazu existenzialistische Aspekte. Wilke sah ihn 2099 beispielhaft für das heutige Zeitgefühl in Schulbüchern, Winkels und Wiederstein fanden ihn in seiner Medienkritik veraltet. (Michael Wurmitzer, 5.7.2018)