Graz – Das umstrittene Kraftwerk an der Mur in Graz sowie der Zentrale Speicherkanal (ZSK) könnten noch ein gerichtliches Nachspiel für Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) und andere haben: Peter Pilz sowie Gegner der derzeit in Bau befindlichen Staustufe reichen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung ein. Der Vorwurf lautet auf Untreue und Betrug.

Pilz will "letzte Chance" nützen

Pilz erklärte bei einer Pressekonferenz am Montag in Graz, dass das Kraftwerk und der Speicherkanal "unfassbar verschwenderisch" errichtet würden. Er will "Schaden für den Steuerzahler abwenden" und die "letzte Chance" nutzen. Neben Pilz scheinen auch noch Wasserwirtschaftsexperte Martin Regelsberger und Kraftwerksgegnerin Romana Ull als Anzeiger auf. Sie werden von dem Anwalt Andreas Manak vertreten.

Beschuldigt werden neben Nagl auch noch der ehemalige Finanzstadtrat Gerhard Rüsch (ÖVP) sowie als weitere Verdächtige Holding-Graz-Vorstand Wolfgang Malik, die Energie-Steiermark-Vorstände Christian Purrer und Martin Graf sowie der Geschäftsführer der Murkraftwerk Graz Errichtungs- und BetriebsgmbH.

"Die teuerste Flusskraftwerk-Baustelle Österreichs hätte es nie geben dürfen", erklärte Ull. Vor Jahren hätten die Vorstände der Energieversorger nie daran gedacht, das Kraftwerk zu bauen, weil es zu teuer gewesen sei: "Es lag über Jahre auf Eis, bis es plötzlich ein Geschenk der Stadt an die Energie Steiermark gab." Erst durch dieses Millionen Euro schwere Geschenk sei der Bau wirtschaftlich darstellbar geworden, und die Aufsichtsräte hätten grünes Licht gegeben. Die Gegner werfen dem Bürgermeister und den anderen vor, finanzielle Zuwendungen aus Steuermitteln widerrechtlich an die Energie Steiermark, eine teils in Privatbesitz befindliche Aktiengesellschaft, zu "verschenken".

Anwalt vermutet Untreue und Betrug

Der Bau des Speicherkanals, den die Stadt finanziert, sei nämlich gar nicht notwendig: "Die Stadt braucht ihn nicht, aber das Kraftwerk", sagte Ull. "Die Verschleierung des Geschenks ist unglaublich perfide." Sogar das Land Steiermark habe Nagl mit ins Boot geholt: Eine Förderung von sieben Millionen Euro wurde zugesichert.

Regelsberger hat im Vorfeld die technische Begründung für den Bau des Speicherkanals studiert: "Nur das Kraftwerk braucht technisch gesehen den ZSK." Ohne das Kraftwerk hätte die Stadt einen deutlich kleineren Speicherkanal gebaut. Manak zufolge liegt ein Missbrauch fremden Vermögens vor – Untreue und Betrug stünden im Raum. Die Begünstigte sei die Energie Steiermark, geschädigt werde etwa das Land Steiermark, das die Förderung zugesichert hat. "Wir können nicht bis ins Detail alles aufklären, da Dokumente fehlen, aber die Staatsanwaltschaft wird sie bekommen."

Pilz unterstrich, dass das Kraftwerk ohne "Geschenke in Millionenhöhe" nie gebaut worden wäre: "Der Stadtrechnungshof prüfte bis zu einem bestimmten Punkt und hört dann auf. Da beginnt unsere Kontrolle. Der Bürgermeister muss zur Rechenschaft gezogen werden. Ich garantiere: Dieser Fall wird aufgeklärt." (APA, 9.7.2018)