Da herrschte noch gute Laune auf der Grazer Opernredoute: Parlamentarier Jörg Leichtfried (links) und SPÖ-Chef Michael Schickhofer.

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Graz – Über Michael Schickhofer ziehen dunkle Wolken auf. "Ja, es beginnt langsam etwas zu kochen. Er ist sicher angezählt", sagt Sepp Gritz. Der mächtige Metallergewerkschafter und Betriebsratsvorsitzende bei der Voestalpine Stahl Donawitz ist auf SPÖ-Chef Schickhofer stinksauer: "Wie viele andere in der Gewerkschaft und der SPÖ", sagt Gritz.

Schickhofer habe sich in den letzten Wochen nämlich einen "unverzeihlichen Kniefall vor der ÖVP geleistet" – und dies ausgerechnet bei jenem Thema, das in der Gewerkschaft und der SPÖ momentan ganz oben auf der Agenda steht: die von der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung beschlossene Arbeitszeit-Gesetzesnovelle zum Zwölfstundentag und der 60-Stunden-Woche.

In der letzten Landtagssitzung hatte die steirische KPÖ einen Antrag eingebracht, wonach sich der Landtag gegen diese Änderungen des Arbeitszeitgesetzes aussprechen sollte. Schickhofers Abgeordnete stimmten jedoch mit der ÖVP gegen den KPÖ-Antrag. "Das war ein Schlag ins Gesicht, das kannst niemandem in der Partei erklären. Eigentlich hätte Christian Kern reagieren müssen", sagt ein ranghoher Gewerkschaftsfunktionär, der wie einige andere – noch – nicht vor den Vorhang möchte.

"Handschlag mit ÖVP"

"Wir haben mit der ÖVP gestimmt, weil wir mit der ÖVP eine Koalitionsvereinbarung haben, dass wir uns gegenseitig bei Bundesthemen nicht überstimmen", argumentiert Schickhofer im Gespräch mit dem STANDARD. "Natürlich" sei auch er gegen den Zwölfstundentag, "aber es gilt für mich auch der Handschlag mit Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und der ÖVP". Die drohende Konsequenz seien Neuwahlen gewesen, wenn die SPÖ die ÖVP überstimmt hätte.

Solange er aber nicht "Aug in Aug" mit den Vorwürfen konfrontiert werde, "beschäftige ich mich nicht damit". SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher, der nach wie vor im steirischen Landtag sitzt, hatte sich übrigens rasch aus der Affäre gezogen. Er verließ vor der Abstimmung den Saal.

Den Unmut kann Schickhofer mittlerweile auch nachlesen. ÖGB-Landessekretär Wolfgang Waxenegger und der Chef der SPÖ-Gewerkschafter in der steirischen Arbeiterkammer (AK), Alexander Lechner, hatten dieser Tage ein Rundschreiben an Partei- und Gewerkschaftsmitglieder losgeschickt, in dem sie die Abstimmung im Landtag der SPÖ-Abgeordneten scharf kritisierten: "Aufgrund der katastrophalen Auswirkungen des Zwölfstundentages auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ... bedauern wir dieses Stimmverhalten der SPÖ-Abgeordneten im Landtag sehr und distanzieren uns als FSG im ÖGB und in der AK ausdrücklich davon. Wir hätten eine Zustimmung der sozialdemokratischen Abgeordneten zu diesem Antrag – trotz dieser getroffenen Koalitionsvereinbarung – als notwendig und richtig erachtet." Und jetzt rumpelt es in der Kiste.

Angst vor dem Absturz

Auch Nachfolger für Schickhofer werden bereits kolportiert. Ganz oben: Parlamentarier und Europapolitiker Jörg Leichtfried. Etliche in der Partei würden ihn präferieren, die Gewerkschaft allerdings ist skeptisch. Sie würde lieber den wortgewaltigen, volksnahen Baugewerkschafter und Nationalratsabgeordneten Beppo Muchitsch an der Spitze der Partei sehen, andere den ÖGB-Chef Horst Schachner, einige wiederum den Trofaiacher Bürgermeister Mario Abl.

Die Unruhe in der steirischen SPÖ ist nicht erst mit diesen Abstimmungsfauxpas im Landtag ausgebrochen. Der Konflikt schwelt schon länger. Es wird Schickhofer nicht mehr zugetraut, gegen den ÖVP-Altvorderen Hermann Schützenhöfer, der Schickhofer geschickt als braven, jungen Partner an seiner Seite hofiert, bei der Landtagswahl 2020 punkten zu können. Es geht auch die Angst um, auf den dritten Platz hinter die FPÖ zurückzufallen. (Walter Müller, 12.7.2018)