Wien – Durch die Bank "kein Thema" ist das Schächten in den meisten Bundesländern. Außer in Niederösterreich und der Steiermark seien nirgendwo Betriebe registriert, welche koscheres oder Halal-Fleisch herstellen, ergeben Anfragen der APA. Dem widersprechen aber Angaben der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), wonach Betriebe in Salzburg und dem Burgenland gemeldet seien.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) erklärte, eine Registrierung von Konsumenten koscheren Fleisches sei "in keiner Weise mit dem Grundrecht der freien Religionsausübung vereinbar und daher auszuschließen. In einer Unterredung am Vormittag war er mit IKG-Präsident Oskar Deutsch einer Meinung, dass die bestehenden Gesetze in der bisherigen Interpretation ausreichen.

"Religiöse Themen sind ungeeignet, um aus ihnen politisches Kleingeld zu schlagen", stellten Sobotka und Deutsch in einer gemeinsamen Aussendung fest. Deutsch plädierte für eine Versachlichung der Debatte – also dafür, "dass man die Agitation gegen das Schächten einstellt. Die Dämonisierung des Schächtens erinnert an die Dämonisierung von Menschen."

In Salzburg dürfen laut Tierschutz-Schlachtverordnung nur Personen mit Sachkundenachweis oder mit einem entsprechenden Zertifikat einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft den Schächtschnitt durchführen. Die Diskussion über eine Kontrolle des religiös begründeten Bedarfs an geschächtetem Fleisch gibt es im Bundesland allerdings nicht: Wie das Büro des zuständigen Landesrats Josef Schwaiger (ÖVP) mitteilte, gibt es in Salzburg derzeit keinen einzigen zugelassenen Schächtbetrieb.

Auch im Burgenland ist das Schächten kein Thema, hieß es aus dem Büro von Landesrätin Verena Dunst gegenüber der APA. Aktuell gebe es keinen einzigen zugelassenen Betrieb, so ein Sprecher. Laut Angaben der IGGÖ befinden sich aber sowohl in Salzburg als auch im Burgenland Betriebe, deren Halal-Fleisch von geschächteten Tieren von der Glaubensgemeinschaft zertifiziert werde.

"Es gibt in Wien keinen einzigen Betrieb, der technisch imstande wäre, Schächtungen durchzuführen", sagte Andreas Kutheil, Leiter der MA 59 (Marktservice und Lebensmittelsicherheit) zur APA. In "grauer Vorzeit", als der Schlachthof St. Marx noch in Betrieb war, sei dort auch geschächtet worden, mittlerweile gebe es in Wien aber überhaupt kaum Unternehmen, die Schlachtungen durchführen.

In Oberösterreich habe bis dato kein Schlachthof um die Schächtung von Tieren angesucht. Somit sei eine Umsetzung des Tierschutzgesetzes in diesem Bereich aktuell kein Thema, hieß es aus dem Büro der zuständigen Landesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) auf APA-Anfrage.

In Tirol sei das Schächten "im Prinzip kein Thema", teilte die Sprecherin des für Tierschutz zuständigen Landeshauptmannstellvertreters Josef Geisler (ÖVP) der APA mit. Laut Tierschutzgesetz dürfe zwar geschächtet werden – allerdings nur nach einer entsprechenden Bewilligung. Es gebe im Bundesland derzeit aber keine bewilligten Anlagen und auch keine Anträge für ebensolche. Sehr wohl gebe es in Tirol Kontrollen durch die Behörde – etwa in Form von Schwerpunktkontrollen rund um muslimische Feiertage.

Bei der zuständigen Abteilung in der Kärntner Landesregierung hieß es am Donnerstag auf APA-Anfrage, es gebe keine einzige für das Schächten zugelassene Schlachtanlage. Daher könne im südlichsten Bundesland legal nicht geschächtet werden, alle anderen Fragen würden sich daher gar nicht stellen.

Auch in Vorarlberg sieht man sich nach dem Urteil des niederösterreichischen Landesverwaltungsgerichts nicht betroffen. Laut Auskunft der Tierschutzbehörden habe es in den vergangenen sieben Jahren nämlich keinen Antrag auf Bewilligung einer Schächtung ohne Betäubung, also auf rituelles Schlachten, gegeben, hieß es am Donnerstag aus dem Büro von Landesrat Christian Gantner (ÖVP).

Da in Vorarlberg offensichtlich kein Problem bestehe, sehe man keinen Handlungsbedarf oder Anlass für Änderungen. Rituelle Schlachtungen dürften nur im unbedingt notwendigen Ausmaß im Rahmen der Religionsausübung anerkannter Religionsgemeinschaften und unter geringstmöglicher Belastung für die Tiere durchgeführt werden. Notwendig sei außerdem eine entsprechende Bewilligung sowie eine von der Behörde dafür zugelassene Schlachtanlage.

Entsetzt über die Diskussion in Österreich ist Charlotte Knobloch, früher Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland und jetzt Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Eine Registrierung für den Kauf von koscherem Fleisch wäre "ungeheuerlich und abscheulich", sagte sie laut dpa zur "Bild"-Zeitung (Freitag). Es sei offensichtlich, dass die FPÖ über das vorgeschobene Argument des Tierschutzes Listen der niederösterreichischen Juden erstellen wolle. Vor dem Hintergrund der österreichischen Geschichte müssten hier "alle Alarmglocken schrillen", hoffte sie, dass "alle demokratischen Parteien in Österreich diesem Spuk so schnell wie möglich ein Ende machen".(APA, 19.7.2018)