Kontrollore kommen im Schnitt nur alle 70 Jahre zu einem Arzt

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Wien – Was macht eine gute Ordination aus? Dazu hat die Österreichische Gesellschaft für Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Medizin (ÖQMed) einen Fragenkatalog entwickelt – und 97 Prozent der Ordinationen erfüllen alle Qualitätskriterien.

Zumindest auf dem Papier. Und dieses ist so gestaltet, dass das Ergebnis absehbar ist. Das hat der Rechnungshof in seinem jüngsten Bericht festgestellt: "Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte beurteilen in Evaluierungsfragebögen der ÖQMed – gemäß Ärztegesetz alle fünf Jahre – die Qualität ihrer Ordination selbst. Die ausgegebenen Evaluierungsfragebögen enthielten ausschließlich Entscheidungsfragen (Antwortmöglichkeiten ja/nein). Ihre optische und inhaltliche Gestaltung legte eine Bestätigung zur Einhaltung der Qualitätsstandards nahe."

Mängel bei 18 Prozent

Wenn aber stichprobenartig überprüft wird, ob diese nach Selbstauskunft höchsten Qualitätsstandards entsprechenden Ordinationen wirklich so gut sind wie angegeben, dann zeigt sich in 18 Prozent der überprüften Fälle zumindest ein Mangel.

Der Rechnungshof empfiehlt daher zweierlei: Erstens sollte der Fragebogen so neutral gestaltet werden, dass die ausfüllenden Ärzte nicht zur positiven Antwort gedrängt werden, sondern selbst einen kritischeren Blick auf ihre Arbeit und ihr Arbeitsumfeld werfen.

Und zweitens sollten Ärztekammer und Gesundheitsministerium "die Möglichkeit zur Erhöhung der stichprobenartigen Kontrollen ... prüfen". Denn die aktuellen Prüfrhythmen legen nahe, dass jede Ordination im Schnitt nur alle 70 Jahre von einem Kontrollor visitiert wird.

Intransparente Kontrollstruktur

Was der Rechnungshof ebenfalls aufgedeckt hat: "Der Bund hat der Österreichischen Ärztekammer, die als Standesvertretung die beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Ärztinnen und Ärzte zu wahren hat, bedeutende Behördenaufgaben übertragen." Das bedeutet, dass die Interessenvertretung bei der Qualitätskontrolle möglicherweise auf Interessenkonflikte stößt. Denn die zur Kontrolle der einzelnen Ärzte eingerichtete ÖQMed ist "sowohl organisatorisch als auch finanziell eng mit der Österreichischen Ärztekammer verflochten".

Daher empfiehlt der Rechnungshof die Einrichtung einer finanziell und organisatorisch unabhängigen Kontrolleinrichtung.

Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) ließ am Freitag wissen, dass das Thema für sie zentral ist und etwaige Mängel schnellstmöglich behoben werden müssen. Aktuell würden alle verfügbaren Studien zum Thema Qualitätssicherung in Arztpraxen evaluiert, hieß es aus ihrem Büro.

Die Ärztekammer verteidigt die Qualitätssicherung in den Arztpraxen. Artur Wechselberger, in der Ärztekammer für Qualitätssicherung zuständigt, räumte aber im Ö1-Mittagsjournal Verbesserungsmöglichkeiten bei der Transparenz ein.

"Wir müssen die Vorschläge des Rechnungshofs sehr ernst nehmen", so Wechselberger. Vorstellbar wäre etwa, dass nicht die Ärztekammer, sondern die für die Durchführung der Qualitätssicherung zuständige ÖQMed ihre Beiträge selbst einhebt. Was die organisatorische Unabhängigkeit betrifft, erklärte der frühere ÖÄK-Präsident, dass die fachliche Kompetenz bei einem wissenschaftlichen Beirat, nicht bei der Ärztekammer liege. (Conrad Seidl, 20.7.2018)