Eine Flüchtlingsfamilie in einer Wiener Notunterkunft.

Foto: Heribert CORN

Nur 100 Familien erhalten 3000 Euro oder mehr an Mindestsicherung", beruhigt Gerald John die Leser im STANDARD (erschienen am 20. Juli 2018). Dabei lässt er unter den Tisch fallen, dass die Mindestsicherung bei weitem nicht das einzige Steuergeld ist, das an die Bezugsberechtigten ausgeschüttet wird. Alle Familien in Mindestsicherung beziehen natürlich auch Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, und selbst der Alleinverdienerabsetzbetrag kann geltend gemacht werden. Er ist negativsteuerfähig und wird ausgezahlt, solange einer der Partner nicht mehr als 6000 Euro pro Jahr verdient.

Deutlich mehr Geld

Eine Familie mit vier Kindern in Wien bekommt daher zwar "nur" 2226,64 Euro an Mindestsicherung im Monat, aber mit den oben genannten Leistungen bleiben ihnen am Ende doch 3066,76 Euro netto zum Leben. In diesem Betrag ist kein Wohnzuschuss, keine GIS-Befreiung, kein vergünstigtes Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel miteingerechnet.

Viele STANDARD-User haben nun argumentiert, man solle armen Menschen doch diese 3000 Euro nicht neiden. Doch kann man mit durchschnittlicher Erwerbstätigkeit dieses Haushaltseinkommen überhaupt erreichen?

Durchschnittsgehalt

Nehmen wir eine identische Familie, mit nur einem Unterschied: Der Familienvater geht einer durchschnittlich bezahlten Arbeit nach. Laut Statistik Austria (Lohnsteuerdatenauswertung vom 20. 12. 2017) beträgt das Medianbruttojahreseinkommen von Männern 33.350 Euro. Wie viel bleibt dieser Familie nach derzeit geltendem Steuerrecht?

Rechnet man das 13. und 14. Gehalt anteilig ein und rechnet auch hier Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag und Alleinverdienerabsetzbetrag dazu, bleiben dieser Familie nur 2838,45 Euro netto zum Leben.

Dieser Sachverhalt wirft die Frage auf: Wie weit darf die Umverteilung gehen? Ich bin der festen Überzeugung, dass ein System, in dem die Beitragszahler schlechter aussteigen, zutiefst ungerecht ist. Und genau deshalb begrüße ich die diesbezüglichen Reformvorhaben der Regierung. Wenn Familienbonus und "Mindestsicherung Neu" in Kraft sind, bleiben der Familie in Mindestsicherung immer noch 2649,53 Euro pro Monat zum Leben, dafür hat die Alleinverdienerfamilie nun endlich 3085,03 Euro zur Verfügung. Ich bin überzeugt, dass diese Einkommensverteilung wesentlich gerechter ist.

Die Zahlen beruhen auf der Grundannahme, dass alle Kinder zwischen drei und neun Jahren alt sind und kein Kinderbetreuungsgeld bezogen wird. (Gernot Schandl, 23.7.2018)