Der damalige Verfassungsgerichtshofspräsident Gerhart Holzinger bei der Verkündung des Erkenntnisses am 1. Juli 2016.

Foto: APA/Punz

Klagenfurt/Villach – Am Landesgericht Klagenfurt startet am Donnerstag der erste Prozess, der die Unregelmäßigkeiten bei der Bundespräsidenten-Stichwahl im Mai 2016 zum Thema hat. Bei der für Donnerstag und Freitag angesetzten Verhandlung müssen sich der Villacher Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) und neun weitere Personen verantworten.

FPÖ ging zum Verfassungsgericht

Zur Erinnerung: Im Rennen um die Nachfolge von Heinz Fischer in der Hofburg hatten es der freiheitliche Kandidat Norbert Hofer (heute Infrastrukturminister) und der unabhängige Kandidat Alexander Van der Bellen (vormals Bundessprecher der Grünen) in die Stichwahl geschafft. Van der Bellen hatte in dieser Stichwahl gewonnen, seitens der FPÖ waren aber Fehler bei der Durchführung der Stichwahl wahrgenommen worden. Diese wurden Grundlage für eine Wahlanfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH). Dieser hob die Wahl auf, was dem nun amtierenden Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen zu einem noch deutlicheren Wahlsieg bei der Wiederholung der Stichwahl verholfen hat.

Die Unregelmäßigkeiten passierten allesamt rund um die – später aufgehobene – Bundespräsidenten-Stichwahl am 22. Mai 2016. Zum Verhängnis wurden den nun Angeklagten zwei Niederschriften: "In einer Niederschrift bestätigten die Mitglieder der Bezirkswahlbehörde, dass die Wahlkarten ordnungsgemäß ausgezählt worden wären, obwohl sie bei der Auswertung und Auszählung der Briefwahlkartenstimmen der Bezirkswahlbehörde zu keinem Zeitpunkt anwesend gewesen waren", teilte Eva Jost-Draxl, Sprecherin des Landesgerichts Klagenfurt, auf APA-Anfrage mit. In der zweiten Niederschrift bestätigten sie außerdem die Abhaltung einer Sitzung der Bezirkswahlbehörde am Wahltag, dem 22. Mai, obwohl diese Sitzung gar nicht stattgefunden hatte.

Falsche Beurkundung

Den Mitgliedern der Bezirkswahlbehörde Villach wird falsche Beurkundung und Beglaubigung im Amt vorgeworfen, worauf bis zu drei Jahre Haft stehen. Wegen mehrerer Vorwürfe hat sich der Abteilungsleiter des Melde- und Standesamtes zu verantworten. Er war als einziger Angeklagter nicht Mitglied der Wahlbehörde und soll die verschlossenen Wahlkartenkuverts aufgeschlitzt, die Wahlkarten entnommen und mit seinen Mitarbeitern ausgezählt haben. Somit werden ihm Amtsanmaßung und Fälschung eines Beweismittels vorgeworfen – weiters soll er auch 2016 im Verfahren zu der Causa vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) als Zeuge falsch ausgesagt haben.

Bürgermeister Albel hatte ebenfalls bereits vor dem VfGH ausgesagt und Verfehlungen beim Wahlvorgang eingeräumt. So bestätigte er, dass die Briefwahlstimmen vorschriftswidrig bereits am Montag vor 9 Uhr gezählt worden waren und dass beim Verfassen des Protokolls Fehler passiert seien.

Weitere Verfahren könnten bis zu 70 Steirer betreffen, die bei der Stichwahl im Mai 2016 Wahlhandlungen vorschriftswidrig durchgeführt oder beurkundet hatten. Über die mögliche Ankage soll in den nächsten Tagen entschieden werden. (cs, APA, 24.7.2018)