Michael Häupl mag den G'spritzten ohne "Schnickschnack". In Werbevideos gibt er Auskunft über seine Trinkgewohnheit. Eine Gage bezieht der ehemalige Wiener Bürgermeister dafür nicht.

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Wien – "Warmes Wasser." Die Antwort des neuen Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig (SPÖ), der zu Amtsantritt nach seinem Lieblingsgetränk gefragt wurde, fiel für viele ein wenig enttäuschend aus. Denn von seinem Vorgänger Michael Häupl war man anderes gewohnt. Der kokettierte bewusst damit, weiße Spritzer zu konsumieren. Als legendär kann man seinen Satz "Man bringe den Spritzwein" bezeichnen, der etwa nach der Unterzeichnung des Koalitionspaktes mit den Grünen verlautete.

Seit zwei Monaten ist Häupl nun in Pension – seine Leidenschaft für Spritzwein hält aber an. Am Wochenende publizierte die Österreich Wein Marketing GmbH auf Facebook ein Video: "Ein unverfälschter Spritzer ist einfach das Beste", erklärt Häupl darin seine Präferenzen. Er brauche keine Zitrone, keine Gurke und nicht einmal Eis.

Im Internet wurde das Video viel kommentiert. Georg Schullian von der Österreich Wein Marketing GmbH spricht von einem Erfolg. Das Video ist die "Verlängerung" einer Plakatkampagne für den G'spritzten, die seit mehreren Wochen laufe, auf Social Media. Plakate mit Häupl sind nicht geplant, jedoch sollen in den kommenden Tagen weitere Clips mit dem ehemaligen Stadtoberhaupt folgen.

Häupl bezieht keine Gage für die Werbevideos, die in den Wiener Weinbergen gefilmt wurden.

"Land des Alkohols"

Dennoch gibt es nicht nur Zuspruch für die Aktion. Barbara Gegenhuber vom Therapiezentrum Schweizer Haus, die mit Suchtkranken arbeitet, findet es etwa nicht gut, dass ein Expolitiker für Alkohol wirbt. Österreich sei ohnehin ein "Land des Alkohols", durch solche Kampagnen werde die "Verharmlosung eines Suchtmittels" weiter gefördert.

Statistiken weisen 340.000 Alkoholabhängige auf und darüber hinaus 700.000, die einen problematischen und gesundheitsschädigenden Umgang mit Alkohol haben. Auch der Wiener Drogenkoordinator Ewald Lochner bezeichnet Werbung für Alkohol als "natürlich problematisch", wenngleich in Wien Weißwein und Spritzer – auch ohne Werbung – Teil des Kulturguts seien. Wesentlich sei ein verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol. Darauf ziele man mit Präventionsprogrammen ab.

Kein Zuverdienstverbot

Und aus Sicht der Compliance – darf ein Expolitiker Werbung machen? Für den Politologen Hubert Sickinger hat es durchaus Seltenheitswert, dass ein Politiker als Testimonial fungiert. Er findet den Spot allerdings unbedenklich, weil sich die Werbung sichtlich an Menschen richtet, die ohnehin Alkohol trinken. Der weiße Spritzer trete in Konkurrenz mit Bier oder Mixgetränken, aber nicht mit bloßem Wasser – dass jemand durch Häupls Vorbild mehr Alkohol als bisher trinken würde, sei ausgeschlossen. Für Häupl gilt seit seiner Pensionierung auch kein Zuverdienstverbot mehr. Er dürfte der Wein Marketing GmbH sehr wohl ein Honorar ausstellen.

Kritischer bewertet Sickinger Politiker, die nach ihrer aktiven Zeit Lobbyingjobs annehmen, bei denen Netzwerke oder Amtsgeheimnisse ausgenutzt werden könnten, zu denen sie aufgrund ihrer Funktion Zugang hatten. Hier gibt es nach wie vor keine gesetzlichen Cooling-off-Perioden, die Sickinger bereits in der Vergangenheit gefordert hatte. (Rosa Winkler-Hermaden, 30.7.2018)