Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka appelliert an das Verantwortungsbewusstsein seiner Abgeordneten.

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Wien – Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) steht dem Vorschlag junger ÖVP-Mandatare, Abwesenheit bei Abstimmungen zu sanktionieren, leicht skeptisch gegenüber. "Ich sehe Sanktionen prinzipiell als letztes Mittel und habe bisher immer an die Verantwortung der Abgeordneten als Volksvertreter appelliert", sagte er in der Tageszeitung "Österreich".

Mehrere – vor allem junge – Mandatare der ÖVP hatten am Wochenende vorgeschlagen, Geldbußen für "Schwänzer" von Abstimmungen im Hohen Haus einzuführen. Dafür benötige es Änderungen in der Geschäftsordnung des Nationalrats und im Bundesbezügegesetz. Im Auge hatte sie dabei vor allem Mandatare der SPÖ, insbesondere Parteichef Christian Kern. Dieser wehrte sich gegen die Angriffe und argumentierte mit einem Pflege- und Todesfall in der Familie.

Zweidrittelmehrheit notwendig

ÖVP und FPÖ wollen nun die Geldbußen nun in der Nationalrats-Präsidiale diskutieren. Für eine Änderung der Nationalrats-Geschäftsordnung wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig – also die Zustimmung von SPÖ oder Neos. Während sich die SPÖ grundsätzlich gesprächsbereit zeigte, winkten die Neos hingegen ab. Sie sehen derzeit "größere Probleme für die Würde des Hauses".

Die Liste Pilz hält nichts von der Einführung von Geldbußen für Nationalratsabgeordnete, die sich nicht an Abstimmungen beteiligen. Für Klubobmann Wolfgang Zinggl ist dies eine "völlig uninteressante Forderung", ihm wäre eine grundsätzliche Reform der Nationalrats-Geschäftsordnung lieber.

"Populistische Forderung"

Kritik gab es auch vom Verfassungsexperten Theo Öhlinger. Er sieht in dem Vorschlag gar eine "populistische Forderung für Menschen, die nicht sehen, was eigentlich im Parlament gearbeitet wird", wie er im Ö1-"Mittagsjournal" sagte. Die eigentliche Arbeit geschehe nicht vorrangig im Plenum des Nationalrats, sondern etwa in den Ausschüssen.

Die ÖVP kann die Kritik Verfassungsrechtlers nicht nachvollziehen. "Hier auf andere parlamentarische Aktivitäten zu verweisen, ergibt keinen Sinn", meinte Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl am Montag in einer Aussendung. Gewählte Volksvertreter hätten ihre Arbeit zu machen. Das Fernbleiben gefährde auch das Ansehen des Hohen Hauses. (APA, 6.8.2018)