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Frau N. will Österreicherin werden, doch der Iran lässt sie nicht ihre Staatsbürgerschaft zurückzulegen. Und die Wiener Behörde tut erst einmal nichts.

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Die österreichische Staatsbürgerschaft sei ein hohes Gut, betonen Regierungsverantwortliche oft und gern. Wer sich einbürgern lassen will, dürfe es nicht gar zu leicht haben, lautet das Prinzip. Demzufolge wurden die Hürden für die Erlangung der Staatsbürgerschaft sukzessive hinaufgeschraubt.

Dass man nur dann Österreicherin werden kann, wenn man genügend Geld verdient, war auch N. N. (Name der Redaktion bekannt, Anm.) bekannt, als sie im Jahr 2015 ihren Antrag auf Einbürgerung stellte. Dass man aber auch über ein erstaunliches Maß an Geduld und Frusttoleranz verfügen muss, musste die iranische Staatsbürgerin, die seit 19 Jahren hier lebt, erst nach und nach am eigenen Leib erfahren.

Seit drei Jahren wartet die Gesangspädagogin, die mit ihrem österreichischen Mann und dem gemeinsamen siebenjährigen Sohn in Wien lebt, auf den Bescheid zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Sie erfüllte alle Bedingungen: lupenreiner Leumund, das gemeinsame Einkommen entspricht den Mindestgrenzen, sie spricht Deutsch und war in den zehn Jahren vor dem Einbürgerungsansuchen auch nicht reisefreudiger, als es das Gesetz erlaubt. Trotzdem passierte erst einmal gar nichts.

Gericht gab Frau N. recht

Zwei Jahre später wurde N. ungeduldig. Da das Gesetz der Behörde vorschreibt, binnen sechs Monaten zu entscheiden, wandte sie sich ans Verwaltungsgericht Wien. Das Gericht gab der Säumnisbeschwerde recht und entschied in der Sache. Nun hielt N. den langersehnten Zusicherungsbescheid in Händen: In diesem Schriftstück wird der Antragstellerin versichert, dass sie die österreichische Staatsbürgerschaft erhält, sobald sie vorweisen kann, dass sie die bestehende Staatsangehörigkeit zurückgelegt hat.

Doch genau hier spießt es sich: Der Iran erlaubt nämlich gar keine Zurücklegungen. Wer Iraner oder Iranerin ist, soll das auch bleiben. Die Botschaft in Wien nimmt zwar Anträge auf Ausscheiden aus dem iranischen Staat entgegen und verteilt sogar schriftliche Bestätigungen, dass der Antrag gestellt wurde. Behandelt werden diese Anträge aber nicht. Das ist auch der Wiener Einbürgerungsbehörde MA 35 bekannt. "Wir wissen, dass es faktisch unmöglich ist, die iranische Staatsbürgerschaft zurückzulegen", sagt Behördenleiter Werner Sedlak zum STANDARD. Deshalb akzeptiere man die Antragsbestätigung der Botschaft als Nachweis, dass man es zumindest versucht hat. Man könne es schließlich nicht den Betroffenen vorwerfen, dass man sie nicht aus dem Staatsverband austreten lässt.

In N.s Fall jedoch reichte es nicht. Bereits im Oktober 2017 brachte sie die schriftliche Antragsbestätigung bei der MA 35 vorbei. Und dann ging das Warten weiter – bis heute.

Rückstände abbauen

Zum konkreten Fall darf Sedlak nichts sagen, nur so viel: Im Jahr 2015, als der Antrag gestellt wurde, sei die Behörde überlastet gewesen. "Da hatten wir einen enormen Anlauf und große Rückstände, die wir abbauen mussten." Dass auch jüngst nichts weiterging, sei hingegen nicht die eigene Schuld. "Wir müssen selbst oft drei, vier Monate warten" – und zwar auf eine Antwort der Polizei, die die strafrechtliche Unbescholtenheit bestätigen muss.

N.s Anwalt Georg Bürstmayr hingegen spricht von einer Systemschwäche. Fälle wie jenen von Frau N. "erleben wir sehr, sehr oft" und nicht nur in Wien. Die lange Verfahrensdauer bringe es mit sich, dass dieselbe Datenbankabfrage immer wieder neu gestellt werden müsse – sie könnte ja inzwischen veraltet sein. Dass dieselbe Behördenauskunft mehrmals angefordert werden muss, verzögere die ohnehin schon außergewöhnlich langwierigen Einbürgerungsverfahren zusätzlich. Für die Betroffenen sei das "extrem frustrierend". (Maria Sterkl, 7.8.2018)