Eine junge Frau übersiedelt von Berlin nach Wien. Neuer Job in einer neuen Redaktion, neue Wohnung. Alles auf Reset. Wien im November ist unfreundlich, kalt und trist. Da passt es, dass eine Bettlerin Norah eine gruselige Prophezeiung entgegenschleudert: Norah werde am 11. November im Prater einen Mann namens Grimm töten. Norah kennt den Mann gar nicht. Beunruhigend ist, dass in ihrer Wohnung Dinge verschwinden und andere auftauchen. Zum Beispiel ein Plüschhäschen, das sie noch nie gesehen hat.

Melanie Raabe geht es in ihrem Thriller langsam an. Schritt für Schritt wird Norah ohne die geringste Ahnung zu einer Hauptdarstellerin in einem abgefeimten Projekt, was umso leichter zu gehen scheint, als Norah alte Schuldgefühle mit sich herumschleppt. Man kann sie also gut instrumentalisieren. Das hat hier sehr brutal mit Frauenverachtung zu tun, aber Raabe gibt dem Ganzen einen intelligenten und spannenden Twist. Was kann das Opfer tun? In diesem Fall eine Menge. #MeToo ist nicht genug. (Ingeborg Sperl, 15.8.2018)