"Schöne Weiber" im Publikum: Luis aus Südtirol mag es in "Narrisch guat" im ORF deftig.

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Wien – Kennen Sie den? Ein betrunkener Bauer verwechselt im Stall seine Frau mit einer Sau. Er startet einen Annäherungsversuch, streichelt über den Bauch des Tieres und sagt: "Ja, Maria, ich habe gar nicht gewusst, dass dein Nachthemd so viele Knöpfe hat." Oder diesen Reim? "Er küsste sie im Lampenschein, dann schlief er bei der Schlampen ein." Nein? Dann haben Sie am 16. Juni nicht wie durchschnittlich 527.000 Leute Narrisch guater Sommer gesehen – die Fasching-Highlightshow des ORF, die den Narren und Schenkelklopfern österreichischer Faschingsgilden eine Bühne gibt. So wie am Samstag, wenn um 20.15 Uhr in ORF 2 wieder ein Sommerspecial ansteht.

Sexistische Witze wie die oben erwähnten hat die Programmzeitschrift TV-Media Ende Juni dokumentiert. Sie sind auch dafür verantwortlich, dass eine Ausgabe von Narrisch guat von Anfang 2017 den Negativpreis Lila Limette erhielt. Vergeben wurde er im Mai 2018 von der Plattform "Frauen im ORF", die sich aus ORF-Mitarbeiterinnen und externen Expertinnen zusammensetzt und interne Sensibilisierung zum Ziel hat. In der Begründung der Jury hieß es: "Es gab zahllose Beispiele der Abwertung von Frauen." Damit würden "Bestrebungen des respektvollen, gleichberechtigten und gewaltfreien Umgangs zwischen den Geschlechtern konterkariert".

Frage der Auswahl

Der ORF könne den Gilden nicht vorschreiben, welche Sketches sie in ihr Programm aufnehmen, sagt Angelika Doucha-Fasching von der ORF-Frauenplattform zum STANDARD, aber: Die ORF-Redaktion könne entscheiden, welche davon in die Sendung kommen und welche nicht. "Dort haben wir in den Gesprächen angesetzt. Wir greifen allerdings nicht in die redaktionelle Freiheit ein." Im Gegensatz etwa zur Übertragung des Villacher Faschings ist es bei Narrisch guat Aufgabe der Redaktion, die Fülle an Material zu sichten und einzelne Szenen auszuwählen.

"Auch die Verantwortlichen von 'Narrisch guat' haben sehr konstruktiv Gespräche mit uns geführt und sich sehr offen für die Kritik gezeigt", so Doucha-Fasching, die das Ziel der Maßnahmen so skizziert: "Wir unterstützen und begleiten Prozesse, die letztlich zur Darstellung eines zeitgemäßen Frauenbildes führen sollen."

Sexismus vs. "Holzhammer"-Pointe

Dass es einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk schlecht zu Gesicht steht, als Transporteur schlüpfriger Witze zu fungieren und damit Geschlechterklischees zu zementieren, will ORF-Unterhaltungschef Edgar Böhm so nicht stehenlassen: "Selbstverständlich wird bei der Auswahl auf besonders sexistische Anspielungen und Provokationen verzichtet – ganz ohne 'Holzhammer'-Pointe kommt diese Unterhaltungsform aber nicht aus", sagt Böhm zum STANDARD: "Der ORF bemüht sich, die österreichische Unterhaltungsszene in seiner Gesamtheit abzubilden."

Ein nicht unwesentlicher Teil des Ganzen sind anscheinend sexistische Witze. Das Fernsehpublikum dürfte sie seit mehr als 20 Jahren goutieren, denn Narrisch guat rangiert mit Quoten von bis zu einer Million Sehern regelmäßig unter den reichweitenstärksten ORF-Sendungen – im Winter und im Sommer. Böhm ist damit zufrieden: "Die Zuseherquote spricht dafür, dass auch dieses Genre ein breites Publikum anspricht, das zwischen Witz und gedankenloser Tabuverletzung unterscheiden kann." Na dann. (Oliver Mark, 11.8.2018)