Foto: apa/hochmuth

Pro
von Karin Bauer

Ja, ich hole noch immer nach, was es in meiner Kindheit auf dem Land in Niederösterreich nicht gab: Atlantik-Feeling. Okay, vielleicht angesichts der Wellenhöhe in heimischen Wellenbecken eher Anbrandendes-Mittelmeer-Feeling.

Immer noch heißt seit ungefähr 30 Jahren. Zwar wohne ich mittlerweile an einem beschwimmbaren Gewässer, aber ein Ticket für nämliches städtisches Bad mit dem besten Wellenbecken bleibt bedingungslose sommerliche Routine. Nur dafür geh ich ins Bad.

Die Meergeborenen werden mitfühlende Gesichter machen und mir einen weiteren Horizont wünschen, aber: Allein die Ankündigung (hier im besten Meidlingerisch), dass es in wenigen Minuten startet, gefühlte Hundertschaften, die zum Becken rennen, die Kinderschar, die schon einmal erwartungsvoll vorkreischt – das ist schon der halbe Spaß. Das aus tiefstem Herzen kommende kollektive "Buuuhhh", wenn die Wellenzeit um ist und alle irgendwie komisch ohne Wellen im Becken stehen: ein großes Schauspiel. Die Wellen dazwischen: sowieso. Besser geht städtischer Sommer nicht für Binnenkinder.

Kontra
von Gianluca Wallisch

Ich sehe die Wellen in Viareggio noch vor mir. War's gestern erst? Nein, 40 Jahre, hach! Mein Fratello, mein Cugino und ich nahmen Anlauf und sprangen genau in jenem Augenblick in die Brandung, in dem die Wellen am Strand brachen. Und wieder raus! Und wieder rein! Den ganzen Tag lang, bis die Lippen blau vor Kälte waren – was wir ignorierten. Doch Mamma und Zia lockten uns trickreich mit Focaccia, Gelato und "Coooccco Beeellooo!" unter den Sonnenschirm.

Und nun soll ich die zarte Erinnerung an seliges Kinderglück ruinieren, indem ich in ein bacherlwarmes Becken steige, das nicht kraft der Tiden, sondern mithilfe der Wien Energie bochene Wellerln produziert? Zehn Minuten lang zur vollen Stunde! Und ja nicht vom Beckenrand springen!

Nein, bei allem Respekt, da lauere ich lieber am Donaugestade den vorbeifahrenden Touristikschinakln auf und schmeiß mich in ihre Bugwelle – die Monsterbrandung des Wieners. Denn allen Unkenrufen zum Trotz ist das Donauwasser mit Sicherheit genießbarer und appetitlicher als jede Chlorsuppe. Und erfrischender. (RONDO, 23.8.2018)

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