Was diese Nebelkrähe auch immer in diesem Kübel suchen mag, den Ministerialentwurf zum Standortentwicklungsgesetz wird sie darin nicht finden.

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Wien – Das Wirtschaftsministerium hängt offenbar an seinem Ministerialentwurf zum Standortentwicklungsgesetz. Wiewohl namhafte Verfassungs- und Verwaltungsjuristen den Gesetzesentwurf für nicht sanierbar halten und dem Ministerium geraten haben, den im Lichte von Unions- und Verfassungsrecht zweifelhaften Entwurf zurückzuziehen: "Gekübelt" wird der allseits kritisierte Standortturbo, mit dem Umweltverfahren für Großprojekte beschleunigt werden sollen, nicht. "Wir arbeiten Änderungen ein, wo es sinnvoll ist", sagte ein Ministeriumssprecher, "gekübelt wird es nicht."

Damit ist klar: Die Änderungen werden umfassend ausfallen müssen, denn es gibt über die Materie, deren Kernpunkt die automatische Genehmigung eines sogenannten standortrelevanten Projekts nach 18 Monaten vorsieht (sofern die für die Umweltverträglichkeitsprüfung zuständige Behörde keinen Bescheid erlassen hat), offenbar innerhalb der Regierung keinen Konsens. Auf Dissens lässt der Umstand schließen, dass Umwelt- und Justizministerium zum Ministerialentwurf des Wirtschaftsministeriums ebenso wenig eine öffentliche Stellungnahme abgegeben haben wie der sonst relativ offenherzig agierende Verfassungsdienst – DER STANDARD berichtete.

Das Justizministerium hat offenbar nicht einmal eine interne Stellungnahme direkt an das Wirtschaftsressort geschickt, sondern gar keine. Via "Wiener Zeitung" tat man lapidar kund, dass sich angesichts der Überarbeitung eine Stellungnahme erübrige.

Keine neuerliche Begutachtung

Eine neuerliche Begutachtung des neuen Regelwerks, das unverändert am 1. Jänner 2019 in Kraft treten soll, sollten Nationalratsabgeordnete übrigens nicht erwarten. Denn ein veränderter Ministerialentwurf braucht keinen Ministerratsbeschluss (einen solchen gab es bezeichnenderweise auch für den ersten Entwurf nicht, Anm.), ein Initiativantrag von ein paar Abgeordneten oder ein Abänderungsantrag reichen für die Behandlung in einem Ausschuss.

Dann will übrigens auch der vom Bundeskanzleramt ins Justizministerium transferierte Verfassungsdienst seinen Senf abgeben. Die Öffentlichkeit wird diesfalls nicht davon erfahren, sondern nur die Mandatare. Der Politologe Hubert Sickinger sieht in der Vorgangsweise einen "Aspekt von Spin-Control": "Das schreit danach, dass es hier einen politischen Maulkorb gab."

Heimliche oder unterlassene Stellungnahmen, kurze Begutachtungsfristen – man könne "den Eindruck haben, dass der Staat auf seine Bürger pfeift" und "Gesetze am Bürger vorbei beschließen will", warnt Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff. Die profunde Expertise des Verfassungsdiensts sei eine wichtige Quelle für die Abgeordneten gewesen, sagt Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker. (ung, APA, 23.8.2018)