Michael Tojner fordert eine Lockerung der Gemeinnützigkeit.


Foto: APA / Georg Hochmuth

Bei den gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften geht es derzeit heiß her. Vor allem die Vorgänge bei der früheren Gewerkschaftseinrichtung WBV-GÖD lassen die Fetzen fliegen. Der Verkauf an den Investor Christian Hosp soll vom Stadtrechnungshof geprüft werden, Finanzamt und Revisionsverband sehen die Transaktion als nichtig an, und eine Untersagung des Deals durch die zuständige Magistratsabteilung steht im Raum.

Doch damit nicht genug. Nach den heftigen Attacken der FPÖ auf Geschäfte mit der Genossenschaft haben am Donnerstag die Grünen nachgelegt. Sie vermuten unlautere Deals bei mehreren Wohnbaugesellschaften. Konkret sei zwei Genossenschaften die Gemeinnützigkeit aberkannt worden, was einen großen Vorteil mit sich bringt: In einem solchen Fall können Wohnungen zum Marktwert verkauft werden, während das im Regime der Gemeinnützigkeit nicht möglich ist.

Gutes Pflaster Burgenland

Der Klubchef der Wiener Grünen, David Ellensohn, sieht dabei ein Muster: Die Genossenschaften verlegten ihren Sitz ins Burgenland, wo dann die Aberkennung der Gemeinnützigkeit beantragt und genehmigt worden sei. Der Grüne hat daher sämtliche Mitglieder der rot-blauen burgenländischen Landesregierung bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft angezeigt. Konkret soll es sich bei den Genossenschaften um Gesfö (Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgesellschaft) und Riedenhof (gehörte früher zur Austria Tabak) handeln, bei denen es eine Querverbindung gibt: den Industriellen und Immobilieninvestor Michael Tojner. Sein umstrittenes Projekt am Wiener Heumarkt, durch das das Weltkulturerbe der Innenstadt riskiert werden könnte, entstammt übrigens einer Liegenschaft von Buntes Wohnen – früher ebenfalls ein gemeinnütziger Wohnbauträger. Riedenhof ging in Tojners Immobilienfirma Wertinvest auf.

Auch bei der eingangs erwähnten WBV spielt Tojner eine Rolle, er hatte eine Option auf den Erwerb der Genossenschaft, überließ die Gesellschaft aber seinem Bekannten Hosp. Der Geschäftsmann geht angesichts der anhaltenden Vorwürfe in die Gegenoffensive: Käufe von Gesfö und Riedenhof seien erfolgt, lange nachdem diesen die Gemeinnützigkeit entzogen worden sei.

Marktabschottung

Bei der Aufregung um die WBV ortet der Geschäftsmann, der neben der Wertinvest die Alu- und Batterien-Gruppe Montana Tech geschmiedet hat, andere Hintergründe für die frontalen Angriffe: "Da herrscht sicher das Bestreben vor, keinen neuen Mitspieler hineinzulassen", sagt Tojner im Gespräch mit dem Standard. Nachsatz: "Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Genossenschaften je nach Bundesland parteipolitisch gefärbt sind." Der Mann, der mit einem Eissalon sein erstes Geld verdient hat, verweist auf einige Ungereimtheiten. Während die Wiener Städtische als einer der größten Hausbesitzer und Immobilienentwickler problemlos Mehrheitseigentümer der Sozialbau sein dürfe, werde bei der WBV "ein Theater gemacht". Hintergrund: Wer im Baugewerbe tätig ist, darf keine Anteile an Gemeinnützigen erwerben.

Tojner findet das nicht mehr zeitgemäß. "Es soll jemand eine Genossenschaft besitzen können, solange er die Regeln der Gemeinnützigkeit einhält. Es gibt ja starke Regulierungen, von der Ausschüttung über das Geschäftsführergehalt bis zum Kaufpreis." Dass Hosp, den Tojner berät, die WBV ausschlachten wolle, hält der Investor für absurd. Beim von der FPÖ angeprangerten niedrigen Kaufpreis werde völlig außer Acht gelassen, dass die Gesellschaft Verbindlichkeiten in Höhe von 405 Mio. Euro habe. Dazu komme, dass jeder Mieter unkündbar sei und ein Vorkaufsrecht zum Einstandspreis habe. Tojner: "Die FPÖ verbreitet Fake-News."

Hoffnung auf Transaktion

Hosp und Stefan Gregorich sind in einer zentralen Frage der Causa WBV immer noch uneins. Anstatt sich weiter wie in den vergangenen Wochen über Aussendungen allerlei Unfreundlichkeiten auszurichten, luden die beiden Frontmänner des gemeinnützigen Bauträgers zu einer gemeinsamen Pressekonferenz. Ja, man habe wohl eine "unglückliche Performance" in der Öffentlichkeit abgeliefert, räumte Gregorich ein. Er war bis 2015 (gemeinsam mit dem jetzigen Noch-Geschäftsführer Michael Baumgartner) Co-Eigentümer des Bauträgers und ist nun Aufsichtsratschef. Hosp und Gregorich drängen nun auf eine rasche Entscheidung bei der Genehmigung der WBV-Transaktion. (David Krutzler, Martin Putschögl, Andreas Schnauder, 23.8.2018)