Staatssekretär Hubert Fuchs und Finanzminister Hartwig Löger (rechts) feilen noch am Entlastungspaket.

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Die Steuerreform soll als eine Art Meisterstück der Regierung Bürger und Unternehmen entlasten. In den letzten Tagen sickerten dazu einige Vorstellungen durch, die aber nicht allzu weit über die Ankündigungen im Regierungsprogramm hinausgehen.

Die Eckpunkte wurden darin schon vereinbart: eine Entlastung in Richtung einer Abgabenquote von 40 Prozent (derzeit gut 42 Prozent), Vereinfachung des Steuerrechts und Streichung von Ausnahmen. Nun präzisierte das Finanzministerium, dass die Entlastung rund fünf Milliarden Euro ausmachen solle. Bis zu 3,5 Milliarden in Form einer Senkung der Steuertarife, der Rest durch die Reduktion der Unternehmenssteuern. Ein Überblick über den Stand der Dinge:

Begünstigungen streichen

Während eine niedrigere Besteuerung bei den Unternehmen ausgemachte Sache ist, dürften die Arbeitnehmer eine Art Selbstbehalt zahlen müssen, um in den Genuss einer Entlastung zu kommen. Das lässt schon das Regierungsprogramm erahnen, indem von der Streichung von Ausnahmen und Sonderbestimmungen die Rede ist. Als Beispiel wird die Vereinfachung der Reisekosten genannt. Was das heißt, haben frühere Steuerreformkommissionen aufgelistet. Allein die über Taggelder vergüteten steuerfreien Reisekosten hinterlassen budgetäre Spuren von 780 Millionen Euro.

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Das Steuergeschenk ist noch nicht ganz ausgepackt.
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Kritisiert wurde dabei häufig die starke Konzentration der Diäten auf wenige Bereiche wie Außendienst oder Bautätigkeit, in denen die Taggelder einen fixen und steuerbegünstigten Einkommensbestandteil darstellen. Auch Sozialversicherungsbeiträge fallen keine an.

Zuschläge und Zulagen in Diskussion

Ähnliche Dimensionen erreichen Begünstigungen diverser Zulagen und Zuschläge, deren Aufkommenswirkung von der Steuerreformkommission 2014 auf 890 Millionen Euro geschätzt wurde. Auch diese Ausnahmen könnten einer Vereinfachung der Lohnsteuer zum Opfer fallen. Konkret in Diskussion sind Zuschläge für Feiertags-, Sonntags- und Nachtarbeit sowie für Überstunden. Dazu kommen beispielsweise Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen. Auch wenn es für eine konkrete Beurteilung noch zu früh ist, warnt Arbeiterkammer-Steuerexperte Dominik Bernhofer vor einseitigen Einschnitten zulasten der Arbeitnehmer im Lohnsteuerrecht.

"Sittenbild der Zweiten Republik"

Anders argumentiert Klaus Hübner, Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Die Ausnahmen im Steuerrecht seien ein "Sittenbild der Zweiten Republik" und zeigten, wie unter wechselnden Regierungen verschiedene Klientel Begünstigungen durchgesetzt hätten. Ein großer Wurf könne nur gelingen, wenn hier rigoros gestrichen werde, erklärt Hübner dem STANDARD. Ihm ist freilich klar, dass das Kapitel "politisch ganz heiß" sei. Auch die Wirtschaftsforscherin Margit Schratzenstaller unterstützt einen "radikalen Abbau der Ausnahmen". Bernhofer stört hingegen, dass die Entlastung für Unternehmen schon recht konkret sei, während die Arbeitnehmer auf klare Angaben warten.

Entlastung für Unternehmen

Hier hat Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) am Sonntag im "Kurier" präzisiert, wohin die Reise gehen soll: Die Körperschaftsteuer will er von 25 in Richtung 20 Prozent senken. Personengesellschaften würden von einer Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns profitieren. Dass dadurch Investitionen gestärkt werden, bezweifelt Arbeiterkammer-Mann Bernhofer. Effizienter sei es, einen Investitionsfreibetrag einzuführen. Die KöSt-Senkung hält er angesichts der guten Konjunktur ohnehin für prozyklisch und entbehrlich. Hübner meint, der Standort werde durch die Maßnahmen konkurrenzfähiger.

Pauschalierung versprochen

Kleine Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu 30.000 Euro sollen künftig stärker von den bisher schon möglichen Pauschalierungen profitieren, meint Fuchs weiter. Hier sollen die Ausgaben künftig mit 30 statt bisher zwölf Prozent pauschal angenommen werden. 200.000 KMUs würden davon profitieren, meint der FPÖ-Staatssekretär, die Arbeiterkammer hat Bedenken: Einnahmen und Ausgaben aufzuzeichnen und Belege zu sammeln sei auch betriebswirtschaftlich sinnvoll, sagt Bernhofer.

Lohnnebenkosten senken

Das Finanzministerium peilt weiters an, Sozialversicherungsbeiträge – insbesondere im unteren Einkommensbereich – zu senken. Eingehoben werden sollen alle lohnabhängigen Abgaben künftig von der Finanzverwaltung. Das würde die Gebietskrankenkassen und die Gemeinden treffen, die ihre Abgaben (Sozialbeiträge beziehungsweise die Kommunalsteuer) derzeit in Eigenregie eintreiben. Auch die Prüfung der lohnabhängigen Abgaben soll in einer Behörde zusammengefasst werden. Die Kassen laufen dagegen Sturm, auch von Seiten einiger Länder gibt es Bedenken.

Knackpunkt Finanzierung

Neben der Realisierung der Vorhaben selbst bleibt auch dessen Finanzierung abzuwarten. Wifo-Expertin Schratzenstaller sieht hier den Bedarf echter Strukturreformen. Hübner stimmt in den Chor ein. Der Abbau von Doppelgleisigkeiten beispielsweise sei eine Voraussetzung für die Reform, wenn diese nachhaltig wirken solle. "Jede Steuersenkung ist grundvernünftig, aber die Leistbarkeit muss sichergestellt sein", sagt der Kammerpräsident. (Andreas Schnauder, 3.9.2018)