Was wäre der Fußballklub Red Bull Salzburg ohne Spieler mit Migrationshintergrund, wie würde die kulinarische Landkarte Salzburgs ohne Zuwanderer aussehen, und wer hat in den 1970er-Jahren eigentlich die Hotels geputzt und die Festspieldirndln gebügelt? Polemische Fragen? Keineswegs, sondern Fragen, denen eine Gruppe Wissenschafter und Wissenschafterinnen der Universität Salzburg und des Salzburger Stadtarchivs in einem eigenen Forschungsband nachgegangen ist.

Herausgekommen ist ein zwar auf lokale Gegebenheiten beschränkter, aber angenehm unaufgeregter, wissenschaftlicher Blick auf das Thema Migration. Naturgemäß steht dabei die Arbeitsmigration aus Jugoslawien und der Türkei im Vordergrund. Aber auch der Zuzug aus afrikanischen Ländern wird thematisiert. Ebenso enthalten sind die Integrationshindernisse – und dabei geht es nicht nur um Fragen der Sprache und der Identität von "oben" (Österreich) und "unten" (Herkunftsländer), sondern ganz profan um die gerade in Salzburg prekäre Wohnsituation.

Dass die Migration wesentlich für die dynamische Entwicklung der Landeshauptstadt Salzburg verantwortlich ist und dass dies ohne jede Polemik und Hetze dargestellt wird, ist ein Verdienst des vorliegenden Bandes. Positiv fällt ferner auf, dass die Menschen selbst zu Wort kommen.

Neben elf wissenschaftlichen Beiträgen bleibt genügend Raum für die Biografien von zwölf Frauen und Männern, die die Vielfalt der Salzburger Bevölkerung dokumentieren. Prominentes Beispiel dieser Vielfalt ist die inzwischen zur Salzburger "Nationalspeise" avancierte Bosna. Das Bratwürstel im Brot mit Zwiebel, Petersilie und einer scharfen Gewürzmischung wurde in den 1950er-Jahren von dem Bulgaren Zanko Todoroff eingeführt. Seither ist der Balkan-Grill in der Altstadt ein – oft kopierter – Publikumsmagnet. (Thomas Neuhold, 5.9.2018)