Die Schwedendemokraten rangierten in punkto Berichterstattung deutlich vor den Sozialdemokraten.

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Das Verhältnis zwischen Medien und rechtspopulistischen Parteien und Politikern ist ein seltsames.

Auf der einen Seite ist es von wechselseitiger Antipathie gekennzeichnet. Donald Trump etwa schlug im Wahlkampf 2016 selbst aus konservativen Redaktionsstuben heftige Ablehnung entgegen. Im Gegenzug diffamiert der US-Präsident praktisch täglich Journalisten und Medien. In weniger extremem Ausmaß sind Rechtspopulisten und (manche) Medien auch in Österreich auf Konfrontationskurs (siehe etwa hier). Nicht zuletzt nehmen gerade Wähler im rechten Spektrum Medien als besonders wenig objektiv war, wie mein Kollege Jakob-Moritz Eberl hier gezeigt hat.

Auf der anderen Seite profitieren Medien und rechtspopulistische Parteien voneinander. In den USA etwa trieb die Wahl Donald Trumps Abonnentenzahlen und TV-Quoten nach oben. Im Gegenzug ist mediale Aufmerksamkeit eine mögliche Ursache (nicht nur eine Folge) von rechtspopulistischen Wahlerfolgen.

Die Frage, wie viel journalistischen Raum man einem politischen Phänomen einräumen soll, kann natürlich nicht objektiv beantwortet werden. Die schwedische Parlamentswahl vom Sonntag zeigt aber besonders krass, wie stark die Fixierung (ausländischer) Medien auf rechtspopulistische Politiker ist. Das Streudiagramm unten illustriert den Zusammenhang zwischen der Parteistärke am Wahltag (x-Achse) und der medialen Aufmerksamkeit im Wahlkampf (y-Achse).

Als Maß für die mediale Aufmerksamkeit wird die Anzahl der Suchtreffer auf news.google.at für die Begriffe "Schweden", "Wahl" und den Nachnamen des jeweiligen Spitzenkandidaten in den vier Wochen vor dem Wahltag herangezogen. Das ist mit Sicherheit kein perfekter Indikator, er vermittelt aber einen ungefähren Eindruck von der Präsenz einzelner Parteien und Personen in der (in diesem Fall deutschsprachigen) Wahlkampfberichterstattung.

Zur Erinnerung: Die Schwedendemokraten (SD) fuhren am Sonntag mit knapp 18 Prozent ein Stimmenplus von viereinhalb Prozentpunkten ein. Sie landeten damit auf Platz drei hinter den regierenden Sozialdemokraten (S) und den oppositionellen Moderaten (M), die beide um die drei Prozentpunkte verloren.

Nach dem hier verwendeten Maß wurde den Schwedendemokraten aber mehr als die zwanzigfache (!) mediale Aufmerksamkeit zuteil als den Moderaten, die in Umfragen in etwa gleichauf lagen und von Haus aus eine weit höhere Chance auf eine Regierungsbeteiligung – im Fall des Falles sogar als führende Partei – haben. Die Schwedendemokraten rangierten in puncto Berichterstattung sogar deutlich vor den Sozialdemokraten, deren Spitzenkandidat immerhin amtierender Premierminister ist (und gleichzeitig jene Person mit den höchsten Chancen auf dieses Amt nach der Wahl).

Dass einer 18-Prozent-Partei mit minimalen Aussichten auf eine Regierungsbeteiligung und daher wenig direktem Einfluss auf die Regierungspolitik der nächsten Jahre so viel Beachtung geschenkt wird, erscheint zumindest fragwürdig. Zwar lässt sich eine "Rechtsruck"-Schlagzeile sicher leichter verkaufen als eine, die komplexere – aber unter Umständen wichtigere – politische Phänomene (zunehmende Fragmentierung des Parteiensystems, Limitierung der Koalitionsvarianten durch Blockbildung) thematisiert. Die Gefahr dabei ist aber, dass dem Publikum keine realistische Perspektive mehr auf die Politik eines Landes vermittelt wird. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 11.9.2018)