Barbara Unterkofler ist seit 2014 Stadträtin in Salzburg.

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Salzburg – Die Neos verlieren die erste gewählte Politikerin mit Regierungsverantwortung in ihren Reihen: Barbara Unterkofler, seit 2014 Stadträtin in Salzburg, wird bei der Gemeinderatswahl im Frühjahr 2019 auf der ÖVP-Liste kandidieren, kündigten Unterkofler und Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) am Mittwoch in einer gemeinsamen Aussendung an.

Die Neos hätten sich seit dem Abgang von Matthias Strolz gewandelt und seien "heute nicht mehr die Bewegung, in die ich damals voller Enthusiasmus eingetreten bin", so die Stadträtin. Die Partei habe sich seit Strolz' Ausscheiden auf Bundesebene "zusehends in eine Oppositionsrolle begeben, die so gestaltet wird, dass man nur noch von Problemen spricht, ohne selbst Lösungen aufzuzeigen – man ist dagegen und weiß gar nicht, warum".

Kritik nicht ernst genommen

In der Erklärung bedauert Unterkofler außerdem, dass innerparteiliche Kritik "an dieser oppositionellen, teilweise sogar destruktiven Linie" nicht ernst genommen werde. "Leider musste ich feststellen, dass in der Salzburger Landespartei einsame Entscheidungen auch nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel sind. So lässt sich kein positives Miteinander entwickeln."

Gegenüber der APA sagte sie, sie hätte laufend ihre Kritik dort deponiert, wo sie hingehöre. Auf die Frage, ob sich die pinke Partei für sie zu stark nach links gewendet habe, sagte sie: "Ich habe mich nie als Parteipolitikerin gesehen, sondern als Sachpolitikerin." Ihr politischer Stil sei es, bürgernah, kommunikativ, sach- und lösungsorientiert zu arbeiten. "Ich habe immer das Gespräch gesucht und versucht, Menschen frühzeitig in Entwicklungsprozesse einzubinden." Die jetzige Entwicklung der Neos widerspreche aber ihrer "Auffassung von Politik für die Menschen zutiefst".

ÖVP zum Positiven geöffnet

Die Salzburger Stadt-ÖVP habe sich hingegen in den vergangenen Jahren sehr zum Positiven geöffnet und weiterentwickelt. "Ich schätze besonders die fachliche Zusammenarbeit und lösungsorientierte Art von Harry Preuner. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger (SPÖ-Bürgermeister Heinz Schaden, Anm.) ist er bestrebt, mit ausnahmslos jedem Mitglied der Stadtregierung kollegial und lösungsorientiert zu arbeiten, niemanden medial ausrutschen oder am langen Arm verhungern zu lassen, sondern immer einzubinden und Inhalte nicht von Schlagzeilen abhängig zu machen." Schließlich zitierte Unterkofler Victor Hugo: "Ändere Deine Blätter, aber behalte Deine Wurzeln".

Dass Unterkofler bis zur Gemeinderatswahl 2019 – voraussichtlich im März – noch Stadträtin bleibt, ist unwahrscheinlich. "Ich biete der Fraktion der Neos an, die Arbeit als Mitglied der Stadtregierung und die Regierungsgeschäfte gerade in der Zeit der Budgeterstellung noch weiter zu führen, wenn dies von den Neos gewünscht wird", erklärte Unterkofler.

Die Neos werden dieses Angebot aber nach STANDARD-Informationen ablehnen. Voraussichtlich wird der Gemeinderat Lukas Rösslhuber den Stadtratsposten übernehmen. Er soll laut Parteikreisen auch Spitzenkandidat bei der nächsten Wahl werden. Der zweite Salzburger Landtagspräsident Sebastian Huber, über dessen kommunalpolitisches Comeback ebenfalls spekuliert wurde, bleibe hingegen in der Landespolitik, heißt es.

Preuner Nachfolgerin?

Über die Zukunft Unterkoflers in den Reihen der ÖVP ließ sich Bürgermeister Harald Preuner nur beschränkt in die Karten schauen. Sollte die Partei bei der Wahl einen zweiten Regierungssitz erhalten, sei Unterkofler dafür "natürlich eine Kandidatin". Unbeantwortet ließ er im APA-Gespräch die Frage, ob Unterkofler auch als seine eigene Nachfolgerin vorgesehen sei – Preuner ist 59 und bereits seit 19 Jahren in der Kommunalpolitik tätig. "Wir wollen das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist", sagte Preuner.

Auf jeden Fall habe sich die Stadt-ÖVP in den letzten Jahren stark gewandelt. "Die Partei ist offener geworden und stellt damit auch ein attraktiveres Angebot für die urbane Mittelschicht dar. Diese Öffnung unterstützt Barbara Unterkofler, indem sie nun ihre liberale Haltung in die Stadt-ÖVP einbringt."

Neos reagieren mit Humor

Auf Twitter reagierten die Neos mit Humor auf den Wechsel ihrer Stadträtin. "Wir wollen ja nicht immer nur über Probleme reden, deshalb: Alles Gute zum Geburtstag, liebe Barbara Unterkofler!", postet die Partei am Mittwoch. Unterkofler, am 12. September 1974 in Salzburg geboren, wird am Mittwoch 44 Jahre alt.

In einer Aussendung erklärte Generalsekretär Nick Donig dann weniger amüsiert: "Dass sich jemand aus Enttäuschung, in der Landesregierung kein Amt erhalten zu haben, umgehend von einem anderen Posten bei der ÖVP locken lässt, ist schon sehr bemerkenswert."

Dass es unter der neuen Vorsitzenden Beate Meinl-Reisinger einen Kurswechsel gegeben habe, bestreitet Donig. Konsequente Kontrolle und konstruktive Arbeit für vernünftige Sachlösungen seien unverändert die Linie der Neos. Der Generalsekretär vermutet, dass der fliegende Wechsel zur ÖVP bereits seit Wochen vorbereitet worden sei. Solche Aktionen würden die Glaubwürdigkeit der Politik untergraben.

"Karriere vor Anstand"

Meinl-Reisinger reagierte am Donnerstag. Die Neos-Bundeschefin nannte den Wechsel der Salzburger Stadträtin zur ÖVP "menschlich und charakterlich enttäuschend". Unterkofler habe offenbar "Karriere vor Anstand" gestellt, was diese mit sich selbst ausmachen müsse.

Die geänderte Ausgangslage für die im kommenden Jahr anstehende Salzburger Gemeinderatswahl macht Meinl-Reisinger aber offenbar kein Kopfzerbrechen: "Wir haben ein super Team."

Wer die Neos verlassen hat

Unterkofler ist bisher der prominenteste Abgang der Neos. Ebenfalls den Weg zur ÖVP angetreten hatte in der vergangenen Legislaturperiode der Nationalratsabgeordnete Christoph Vavrik, der bei den Neos nach homophoben Aussagen unerwünscht geworden war. Auch lokale Jungfunktionäre in Niederösterreich – zuletzt die Landesgeschäftsführerin der Junos – gingen zur Volkspartei, als deren liberaler Ableger die Neos vielerorts gesehen werden. In Kärnten wurde mit Klaus-Jürgen Jandl sogar der Landessprecher aus der Partei geschmissen und sitzt nun für das Team Kärnten im Klagenfurter Stadtsenat. In Vorarlberg strich wiederum mit Martina Pointner eine von nur zwei pinken Mandatarinnen während der Legislaturperiode freiwillig die Segel. (APA, neu, 12.9.2018)