Die WKO hat in einem launigen Video für den Zwölfstundentag geworben (und dafür einen herben Shitstorm geerntet, Anm.). Die Gewerkschaft verlangt jetzt einen hohen Preis dafür.

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Als "Schneepflug" verstehen sich Gewerkschafter und Betriebsräte der Metallindustrie. Sie eröffnen die Herbstlohnrunde am Donnerstag mit der Forderungsübergabe an die Arbeitgeber. "Und ihr seids die, die hinter uns nachschieben", rief Produktionsgewerkschaftschef Rainer Wimmer in die applaudierende Menge.

Rund 900 Gewerkschafter und Betriebsräte aus allen Branchen und Regionen hatten sich am Dienstagvormittag in der ehemaligen Wagenfabrik in Wien-Stadlau versammelt, um ein Paket an Forderungen zu beschließen, mit denen man die Unbilden des neuen Arbeitszeitgesetzes in den kommenden Kollektivvertragsrunden (KV) abfedern will.

Katalog

Herausgekommen ist ein zweieinhalb Seiten langer Katalog an Schlagwörtern und Maßnahmen, aus denen sich die KV-Verhandler je nach Bedarf und Branche bedienen können. Vieles davon ist bekannt, etwa die Forderung nach bezahlten Pausen. Manches hingegen klingt fast skurril. Die Ziele im Stakkato:

  • Kürzeres Arbeiten: Verkürzung der kollektivvertraglichen Wochenarbeitszeit; sechste Urlaubswoche für alle (nicht nur für jene, die 25 Jahre im gleichen Unternehmen beschäftigt sind); verpflichtende Zeitzuschläge für Überstunden; freier Werktag zusätzlich als Ersatz pro Feiertag, der auf einen Sonntag fällt.
  • Planbarkeit und Mitbestimmung: Zuschläge für besonders kurzfristig angekündigte Mehrarbeit; garantierte Freizeitblöcke; Gleitzeitregelungen mit maximal zehn Stunden Höchstarbeitszeit in jenen Kollektivverträgen, in denen dies nicht der Fall ist (und Gleitzeit überhaupt möglich ist); Ankündigung mindestens vier Wochen im Vorhinein für Wochenendarbeit (samt effektivem Entschlagungsrecht und Kündigungsschutz); Viertagewoche bei Schichtarbeit in KVs festschreiben; Mitwirkung des Betriebsrats bei Anordnung von mehr als zehn Stunden Wochenarbeitszeit zusätzlich (über 50 Wochenstunden hinaus); keine Überstunden für Lehrlinge (vor allem nicht an Berufsschultagen); altersgerechte Arbeitszeitmodelle.
  • Selbstbestimmung: Einseitiger Antritt von Zeitausgleich; sechs Monate absoluter Kündigungsschutz für Arbeitnehmer in Abteilungen, in denen von elfter und zwölfter Stunde Gebrauch gemacht wurde; Entschlagungsrecht für kurzfristige Wochenendarbeit.
  • Überstunden: als Ausnahme 1.700 Euro Mindestlohn, 850 Euro Mindestlehrlingsentschädigung – 14 Mal im Jahr; Verpflichtende Zeitzuschläge für familienfeindliche Arbeitszeiten (abends, samstags); Mindestens 100 Prozent Zuschlag auf die elfte und zwölfte Stunde; Wahlrecht Zeit/Geld für alle Überstunden; Rechtsanspruch auf Auszahlung, wenn Guthaben auf Arbeitszeitkonten eine bestimmte Höhe erreichen; Mehrarbeitszuschlag und Wegfall des Durchrechnungszeitraums bei Teilzeit.
  • Rechtssicherheit: Schutz für jene, die "aus Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz" herausfallen, also leitende Angestellte (bis hinunter zur Teamleiter-Ebene), für die die Arbeitszeitbestimmungen seit September nicht mehr anwendbar sind, und Beschäftigte im Tourismus, deren Ruhezeiten verkürzt wurden; sollen auch Überstundenzuschläge erhalten; KV-Normalarbeitszeit und Ruhezeiten auch für die dritte Führungsebene; Anrechnung aller Karenzzeiten auf dienstzeitabhängige Ansprüche.

Außertourliche KV-Runde

Auf einen einheitlichen Forderungskatalog habe man bewusst verzichtet, sagte ÖGB-Präsident Katzian, zu verschieden seien die Bedürfnisse je nach Branche. Einig zeigte man sich nur darin: "Wir holen uns zurück, was den Arbeitnehmern mit dem Zwölfstundentag weggenommen wird." Das will man in außertourlichen KV-Verhandlungen durchsetzen, zu denen man die Arbeitgeber branchenweise auffordere. Entsprechende Briefe werden ab Mittwoch verschickt.

Einzige Ausnahme: die Metaller. Sie verhandeln die Arbeitszeit-Extras ab Donnerstag in der KV-Runde, deren erster richtiger Verhandlungstag für die metalltechnische Industrie am 4. Oktober angesetzt ist.

Munition für eine Verschärfung der Gangart wurde im ÖGB-Haus am Wiener Handelskai bereits eingelagert: Einen Vorsorgebeschluss für Kampfmaßnahmen zur Durchsetzung der KV-Forderungen hat der ÖGB-Vorstand vorige Woche beschlossen. Wann das Pulver scharfgemacht werde, entscheiden die Fachgewerkschaften. (ung, 20.9.2018)