Heiße Kandidatin, obwohl sie eigentlich abgesagt hat: Doris Bures.

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Wer sich an den einst legendären Film "Müllers Büro" von Niki List erinnern kann (Achtung, schwere 1980er-Jahre-Partie!), hat vielleicht noch dieses Liedchen des supercoolen Detektivs Müller im Ohr: "Das können nur Männer verstehen, was uns Männer vereint." In der Tat.

Dieses Lied kam einer in den vergangenen Tagen ganz von selbst wieder in den Sinn, wenn sie sich die Vorgänge in der SPÖ anschaute. Hier vermengten sich Hybris, Gekränktheit, der Drang, sich wichtig zu machen, und die Lust an der Intrige zu einem selbstzerstörerischen und parteischädigenden Gerangel von SPÖ-Alphamännern. Man sage jetzt nicht, wären die SPÖ-Granden allesamt Frauen, wäre das genau gleich abgelaufen.

Tradiertes Verhalten

Wäre es höchstwahrscheinlich nicht – es sei denn, es handelte sich um Frauen, die gelernt haben, so zu agieren wie Alphamänner. Die sind aber eher in der Minderheit, auch in der Politik. Genauso wie männliches Alphaverhalten über Jahrtausende erlernt und tradiert wurde, ist es auch mit dem weiblichen Drang zu Konsens und Konfliktvermeidung.

Zumeist sind Frauen sehr bemüht, möglichst alle im Team ins Boot zu holen. Auch ganz wichtig: Alle sollen sich wohlfühlen mit einer Entscheidung, auch jene, die dagegen waren, sollen irgendwie damit leben können. Solches Bemühen verhindert zwar keine Intrige – erschwert sie aber zumindest.

Maximal kurzsichtig

Apropos Intrige: Wenn die lancierte Nachricht vom "Rücktritt Kerns" gezielt eine solche war (und einiges spricht dafür), dann war sie schon vom Ansatz kurzsichtig und maximal von persönlichen Befindlichkeiten getrieben.

Denn was war das Ergebnis? Die Partei zeigte sich als so schwach, führungslos und zerstritten, wie sie tatsächlich ist. (Fast) alle möglichen Nachfolger zogen sich sofort entsetzt zurück – und was jetzt? Weitsichtig war das jedenfalls nicht.

Noch etwas kommt dazu: das Momentum der persönlichen Eitelkeit, das viele Männer an der Spitze so lange bewegt, bis sie sich am Ende selbst im Weg stehen – so auch Kern. Aber nicht nur er.

Blickt man etwa nach Berlin, sieht man Angela Merkel in ihrer eigenen Partei und in Europa umgeben von Männern, die sich an ihr abarbeiten. Man wirft ihr Unbeweglichkeit vor. Aber es ist auch eine große Stärke, die persönlichen Demütigungen, denen sie im Laufe ihrer Kanzlerschaft ausgesetzt war, mit derart stoischer Ruhe zu begegnen.

Damit hat sie immer wieder ihre eigene Koalitionsregierung gerettet, Chaos in ihrer Partei verhindert und die EU am Ende doch noch zu Kompromissen gebracht – so viel auch zum Thema Weitsicht.

"Sie" muss es richten

Insofern kommt es nicht von ungefähr, dass die SPÖ nun in der verfahrenen Situation, in der sie ist, vor allem an eine Frau als Nachfolgerin für Christian Kern denkt – Freund wie Feind. Ob Doris Bures oder Pamela Rendi-Wagner: Unausgesprochen schwingt bei diesen heißen Personalspekulationen mit, dass es jetzt wohl – wenn überhaupt – nur mehr eine Frau richten könnte: als Befriederin der internen Fehden genauso wie als attraktiver politischer Gegenpol zu Sebastian Kurz.

Dazu kommt, dass Frauen immer dann ins Spiel gebracht werden, wenn alle infrage kommenden Männer gerade keine Lust auf einen (zumeist schwierigen und undankbaren) Job haben. US-Forscherinnen haben das in einer Studie über die 500 größten US-Unternehmen bereits 2014 erhoben: Ist Feuer am Dach, steigen die Chancen für Frauen, an die Spitze vorzudringen (übrigens auch für Minderheiten). Dies deshalb, weil Frauen "weichere" Wesenszüge zugeschrieben werden, was in einer Krise als besser passend erscheint.

Die Chancen für eine Frau an der SPÖ-Spitze stehen derzeit also gar nicht schlecht – nicht aus Überzeugung, sondern weil die Not groß ist. Sollte sie scheitern (weil ein Mann in derselben Situation auch gescheitert wäre), hätte man dann wieder einmal eine Bestätigung für alle ohnehin vorhandenen Vorurteile. (Petra Stuiber, 21.9.2018)