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Diskriminierung gehört für viele homosexuelle Menschen zum Arbeitsalltag.

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Besonders schwer haben es laut der Sora-Studie für die Arbeiterkammer transsexuelle Menschen am Arbeitsmarkt: Sie haben instabilere Erwerbsbiografien und sind häufiger arbeitslos als Schwule und Lesben.

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Worüber spricht man eigentlich mit Kollegen, wenn nicht über die Arbeit? Klassische Szene aus dem Büroalltag: Eine Kollegin erzählt vom Wochenendausflug mit ihrem Lebensgefährten, die Chefin berichtet vom Urlaub mit Mann und Kind, ein anderer Kollege war am Vortag auf einer mühsamen Familienfeier mit seiner neuen Freundin. Der Abteilungsleiter hat Fotos seiner Frau und der drei Söhne auf dem Schreibtisch stehen. Einige im Büro tragen einen Ehering.

Privates nicht nur privat

Der Arbeitsplatz ist kein asexueller Raum, Privates ist gar nicht so privat wie oft angenommen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Meinungsforschungsinstituts Sora für die Arbeiterkammer. Es ging darum, die Arbeitsrealität von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transpersonen und intersexuellen Menschen – kurz: LSBTI – abzubilden. Dafür wurden knapp 1300 Menschen online befragt. Das Ergebnis: Sehr viele der Studienteilnehmer erleben in der Arbeit bis heute Nachteile oder Diskriminierungen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung.

Schätzungen zufolge arbeiten in Österreich zwischen 200.000 und 300.000 Menschen, die in zumindest eine Kategorie der Abkürzung LSBTI fallen. Die deutliche Mehrheit von ihnen ist schwul oder lesbisch. Jeder fünfte Befragte der Sora-Studie gab an, seine sexuelle Orientierung am Arbeitsplatz zu verheimlichen. Fast 60 Prozent erklärten, darüber nicht gezielt zu sprechen, aber auf Nachfrage offen zu sein.

Gerüchte und obszöne Witze

Wie beschränkt Menschen im Umgang mit ihren Kollegen sind, wenn sie sich nicht geoutet haben, zeigt eine andere Fragestellung der Studie: Geoutete Befragte haben durchschnittlich sechs private Themen, über die sie am Arbeitsplatz sprechen, nicht geoutete Befragte haben lediglich drei angegeben.

Der Grund, warum viele ihre sexuelle Orientierung ungern preisgeben, sind Erfahrungen: Die Hälfte der Befragten gibt an, dass im Betrieb wegen ihrer Homo- oder Transsexualität getuschelt wurde oder jemand Gerüchte über sie in die Welt gesetzt hat. Jeder Zweite bekam unangenehme, obszöne Witze am Arbeitsplatz zu hören. Rund die Hälfte hat auch schon üble Nachrede erlebt.

Mobbing und Psychoterror

Rund ein Viertel der LSBTI berichtet über Beschimpfungen und Beleidigungen bis hin zu Mobbing, Psychoterror, Drohungen und Erpressungen. Besonders schwer haben es transsexuelle Menschen am Arbeitsplatz. Sie erleben häufig ein strukturelles und dadurch womöglich unfreiwilliges Outing durch Dokumente, in denen das Geschlecht und der Name noch nicht geändert wurden. Transpersonen haben auch wesentlich instabilere Erwerbsbiografien und sind deutlich häufiger arbeitslos.

Was in der Studie ebenfalls festgehalten wird: Ein Coming-out sei kein "singuläres Ereignis". Immer wieder aufs Neue müssten Lesben, Schwule und transsexuelle Menschen sich erklären. Viele befürchten aufgrund ihrer sexuellen Orientierung auch Nachteile und sind dadurch gehemmt: Jeder Dritte, der sich nicht geoutet hat, möchte einfach nicht auffallen oder "gute Beziehungen zu Kollegen gefährden". Rund 44 Prozent befürchten Tratsch und Beleidigungen.

Mit Kolleginnen sprechen

Der Umgang der Betroffenen ist zumeist eher passiv: Die häufigste Antwort auf Diskriminierung ist laut der Studie "Nichtreaktion", "über sicher ergehen lassen" oder "ignorieren". Geholfen hat den Befragten vor allem eines: mit Kollegen, Kolleginnen, Chefs und Chefinnen das direkte Gespräch suchen. (Katharina Mittelstaedt, 26.9.2018)