Es ist noch nicht allzu lange her, da meldete sich der deutsche Stil-Experte Harald Glööckler zu Wort. Und weil der Designer für die diesjährige Wiesn mit dem Münchner Hersteller Angermeier eine Dirndl-Kollektion herausgebracht hat, ging es um Geschmacksfragen rund um die Tracht. Glööckler, der in der Vergangenheit von der Barock-Tapete bis zum goldenen Thron so ziemlich alles entworfen hat, entpuppte sich dabei als Hüter des sogenannten "guten Geschmacks".

Es gebe zu viele "billig aussehende" Dirndl, nörgelte der Deutsche: Viel zu tief ausgeschnitten seien die meisten Exemplare, im Bierzelt lägen die Brüste oft fast auf dem Biertisch. Wenn es nach dem Pompöös-Designer geht, darf ein Dirndl sexy, "aber bitte nicht ordinär" sein.

Kunstblumen mit Schmollmund: Wenn es nach Harald Glööckler geht, sehen Dirndl so aus.
Foto: APA/dpa/Ursula Düren

Damit war nicht zu rechnen gewesen. Glööckler, eine Ikone des schwäbischen Neobarocks, ist nicht für seine Schmallippigkeit bekannt. Bislang lautete sein Motto: Mehr ist mehr, es lebe der Fake! Dass er diesen Wahlspruch nun über Bord geworfen hat, ist bedauerlich.

Man könnte auch sagen: Der Deutsche ist mit seiner Meinung im Mainstream angekommen. Dirndl haben brav auszusehen. Nur zu gern gibt man sich der Illusion hin, ein "traditionelles" Dirndl zu tragen. Dass das oft auch nur ein Konstrukt ist? Wurscht.

Lena Hoschek macht es vor. In ihrem aktuellen Katalog sind ein Mann und eine Frau abgebildet, die beiden sitzen Arm in Arm auf einem Steg im Wald. Auf Instagram wäre die neobiedermeierliche Inszenierung ein Hit: Er trägt Lederhosen, Kniestrümpfe, Wanderschuhe, sie ein überknielanges Kleid und einen Lodenhut: Ja mei, ein fesches Paar!

So fesch, die beiden! Lena Hoschek hat mit Dachstein Wanderschuhe entworfen.
Foto: Lupi Spuma

Noch begehrenswerter? Kann eigentlich nur noch ein maßgeschneidertes und handgefertigtes Dirndl sein – aus Bad Aussee natürlich!

Ein Dirndl aus der Platzhirsch Dirndlerei in Bad Aussee
Foto: Platzhirsch

Dazu passt, dass es im Internet unendlich viele Anleitungen gibt, wie und wo eine Dirndl-Schleife gebunden wird oder welche Schuhe dem Trachten-Auftritt nicht in die Quere kommen. Ein Herbst ohne Dirndl kann so falsch also nicht sein. (feld, 27.9.2018)