Will kein Empfehlsempfänger sein. Tirols Landespolizeidirektor Helmut Tomac.

Foto: LPK Tirol

STANDARD: Ändert sich durch die E-Mail des Innenministeriums irgendetwas in Ihrem Umgang mit den Medien?

Tomac: Grundsätzlich ändert diese E-Mail gar nichts. Das wird jetzt etwas überbewertet, weil es im Polizeialltag eine Vielzahl solcher koordinierender Schreiben, die keinen Erlasscharakter haben, gibt. Zudem wurde ja schon erklärt, dass die Person des Pressesprechers des Ministeriums nicht weisungsbefugt ist. Dessen ungeachtet werden seine Bemühungen in Sachen Koordinierung der Öffentlichkeitsarbeit natürlich von uns beachtet werden. Wir sind aber keine Weisungs- und Empfehlsempfänger, das ist bei uns nicht üblich. Wir sind es gewohnt, eigenverantwortlich zu arbeiten. Wir haben zwar gewisse Richtungen zu beachten, die uns vorgegeben werden, aber die nehmen wir nicht kritiklos hin.

STANDARD: Und wie ist Ihr Auskommen mit den Medien in Tirol?

Tomac: Wir haben in der Medienarbeit mit Oberst Manfred Dummer seit Jahren eine stabile Säule auf diesem Gebiet. Zudem und nicht zuletzt deshalb ist die Zusammenarbeit mit den Medien in Tirol eine außerordentlich gute. Und das völlig uneingeschränkt. Das heißt, keine der genannten Zeitungen wird von uns differenziert behandelt. Denn das Um und Auf einer transparenten und objektiven Öffentlichkeitsarbeit ist, möglichst nicht exklusiv zu arbeiten.

So wird gegenseitiges Vertrauen geschaffen, was entscheidend ist für eine gute Zusammenarbeit. Denn es gibt durchaus auch Situationen, in denen wir als Polizei auf das Verständnis der Medien angewiesen sind. Etwa wenn es zwar einen Sachverhalt zu berichten gäbe, wir aber darum bitten, damit noch zuzuwarten, weil ermittlungstechnisch ein ganzer Rattenschwanz für uns dranhängt. Und umgekehrt steht das öffentliche Interesse, über Polizeiarbeit informiert zu werden, außer Frage.

STANDARD: In einer ersten Replik auf das Bekanntwerden des Schreibens sagte Innenminister Herbert Kickl sinngemäß, dass die in der E-Mail genannten Medien sich dies selbst zuzuschreiben hätten, da sie oft einseitig berichten. Haben Sie das Gefühl von den Medien unfair behandelt zu werden?

Tomac: Ja, das gibt es. In der Hitze des Gefechtes kommt es zum einen oder anderen Ausreißer, wo wir sagen, das war jetzt nicht unbedingt in unserem Sinne. Aber da muss man drüber stehen und anerkennen, dass es in diesem Wettbewerb am Medienmarkt gewisse Reibungsverluste gibt. Die liegen aber in einer akzeptablen Bandbreite, Ausreißer bestätigen die Regel. Umgekehrt wird es den Medien mit uns gleich gehen. Wenn wir sagen, dass ist in dem Moment nicht günstig für uns, zu einem Thema zu kommunizieren, aber das Medium sieht es anders. Ich denke, das ist in Tirol in einem normalen Rahmen und für niemanden ein Problem.

STANDARD: Das Auskommen ist also mit allen ein gutes?

Tomac: Ja, und die Tatsache, dass verschiedene Medien verschiedene Linien vertreten, ist zu akzeptieren. Wenn der STANDARD kritisch berichtet, weil wir gegen Sozialbetrug ermitteln, dann ist das nichts verwerfliches, sondern eine legitime Meinung in der Demokratie. Wir haben den Auftrag, gesetzeskonform und im Sinne der Bürger zu agieren. Das kann man nun so oder so sehen.

STANDARD: In der besagten E-Mail ist auch eine Empfehlung enthalten, Sexualdelikte, die im öffentlichen Raum passieren und bei denen sich Opfer und Täter nicht kennen, proaktiv zu kommunizieren. Wie stehen Sie dazu?

Tomac: Da hole ich gleich weiter aus. Das erste ist die Frage der Staatsbürgerschaft. Die wird von uns schon lange proaktiv in den Aussendungen genannt. Das ist für uns nichts neues, aber da gibt es in den Bundesländern durchaus unterschiedliche Vorgangsweisen. Daher wäre es schon berechtigt, hier koordinierend tätig zu werden. Den Aufenthaltsstatus kommunizieren wir nicht. Aber wir geben ihn auf konkrete Rückfrage diesbezüglich bekannt.

Hinsichtlich der Sexualdelikte ist es bei uns gängige Praxis, dass wir solche, die im öffentlichen Raum begangen werden, berichterstatten. Auch aus der Verpflichtung heraus, dass Sexualstraftäter nicht immer gleich bei der ersten Tat gefasst werden und dass es einen gewissen Präventions- und Warnungseffekt für die Bevölkerung erfüllt. So wie beim in der E-Mail genannten Antanzen zum Beispiel. Und weil gerade bei Sexualdelikten der Opferschutz eine sehr wichtige Rolle spielt, ist unsere Berichterstattung bei solchen, die im privaten Bereich passieren, eher zurückhaltend.

STANDARD: Noch eine Frage zu Reality-TV-Formaten in Verbindung mit Polizeiarbeit. Gibt es so etwas in Tirol?

Tomac: Nein, das wird seit jeher abgelehnt und ich versuche das in meinem Zuständigkeitsbereich hintanzuhalten. Ich finde das nicht fruchtbringend für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Denn ich denke nicht, dass die Polizei dazu da ist, die Bevölkerung zu unterhalten. Ich höre zwar, dass es gewisse Tendenzen gibt, aber ich werde auch weiterhin versuchen, das von Tirol fernzuhalten. (Steffen Arora, 28.9.2018)