Herbert Tumpel, jahrelang AK-Präsident, ist verstorben.

Foto: APA / Herbert Neubauer

Wien – Seine Berufung galt als Signal der Erneuerung: Als der 11. Bundeskongress des ÖGB, auf dem Langzeitpräsident Anton Benya abgelöst werden sollte, für den Oktober 1987 einberufen wurde, gehörte Herbert Tumpel zum Team des Nachfolgers Fritz Verzetnitsch. Es war die Zeit, in der der ÖGB sich vom Betoniererimage, das er rund um die Auseinandersetzung um das Kraftwerk Hainburg verpasst bekommen hatte, befreien wollte.

Tumpel, bis dahin Leiter des volkswirtschaftlichen Referats im ÖGB, hatte sich als sachkundiger Sozialpartnervertreter bewährt, nun stieg er gemeinsam mit Karl Drochter zum leitenden Sekretär auf. Im neuen Führungsteam des Gewerkschaftsbunds war er mit damals 39 Jahren der Jüngste.

An der Basis beim "Roten Börsenkrach"

Nach seiner Ausbildung als Textilingenieur an der HTL hatte Tumpel Volkswirtschaft an der Uni Wien studiert – als Sohn eines Betriebsrats bei der Staatsdruckerei schloss er sich der linken Basisgruppe Roter Börsenkrach an, wo er seine Frau Gertrude Tumpel-Gugerell (später Direktorin der Europäischen Zentralbank) kennengelernt hat.

Wegen seiner wirtschaftlichen Bildung wurde ihm 1987 bis 1997 auch der Aufsichtsratsposten bei der damaligen Gewerkschaftsbank Bawag anvertraut – dass in diese Zeit der Beginn der verlustbringenden Karibik-Geschäfte gefallen ist, hat ihm dann später auch heftige Kritik eingetragen.

Zehn Jahre blieb er in der Funktion des leitenden Sekretärs, dann wurde er zum Präsidenten der Wiener Arbeiterkammer (und daraufhin auch der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte) gewählt.

Kritik an Arbeitszeitflexibilisierung

Was er 1997 sagte, könnte aus einer aktuellen Debatte stammen: "Der Versuch, bei der Arbeitszeitflexibilisierung die Kollektivverträge auszuschalten, wäre der neoliberale Weg gewesen: ein sehr allgemeines Arbeitszeitgesetz, das mehr oder weniger alles zugelassen hätte." 21 Jahre später ist von der türkis-blauen Regierung genau das durchgesetzt worden, was die Arbeitnehmervertreter unter der rot-schwarzen Regierung des Viktor Klima noch verhindern konnten. Sein Credo damals: "Nur der Markt, wie es vielfach propagiert wird, wird keine menschlichen Lösungen zustande bringen. Die Marktkräfte brauchen soziale Spielregeln."

Tumpels Präsidentschaft in der AK fiel in eine politisch schwierige Zeit: Das begann noch unter Rot-Schwarz mit einer Pensionsreform, die dann unter Schwarz-Blau wesentlich nachgeschärft (und nach Gewerkschaftsprotesten wieder abgeschwächt) wurde. Zudem hat die schwarz-blaue Regierung Schüssel versucht, über eine Senkung der AK-Beiträge die Wirksamkeit der gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitnehmer auszuhöhlen, die FPÖ drängte sogar (vergeblich) auf eine Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft.

Sozialpolitischer Fortschritt und AK-Service

Die AK, nun Bundesarbeitskammer, reagierte darauf mit einer Ausweitung des Serviceangebots – was nicht nur das Ansehen der Kammer hob, sondern auch die Zustimmung zu Tumpels sozialdemokratischer AK-Fraktion. Gleichzeitig gab es wesentliche sozialpolitische Fortschritte – von der Abfertigung neu über die Angleichung der Lohnfortzahlung für Arbeiter an jene der Angestellten bis zur besseren Anrechnung von Kindererziehungszeiten.

Als dann nach 2007 wieder die SPÖ den Kanzler und den Sozialminister stellte, konnten trotz Wirtschaftskrise noch die Gesetze gegen Lohn- und Sozialdumping und für die Bildungskarenz und die bedarfsorientierte Mindestsicherung durchgesetzt werden. Dass er als Verhandler großes Geschick besessen hat, wird auch darauf zurückgeführt, dass er beim Bundesheer eine Ranger-Ausbildung absolviert hat, wie damals der Jagdkommando-Kurs geheißen hat. Die militärische Erfahrung verband ihn auch mit Werner Muhm, der AK-Direktor und Milizoffizier war.

2012 gab Tumpel bekannt, bei der AK-Wahl 2013 nicht mehr für eine weitere Amtsperiode kandidieren zu wollen – ihm folgten Rudolf Kaske und seit heuer Renate Anderl im Amt nach. Am Mittwoch ist er verstorben – aber er lebt in einem in seinem Namen gestifteten Herbert-Tumpel-Ehrenpreis für besondere politik-, rechts-, sozial- oder wirtschaftswissenschaftliche Arbeiten weiter. (Conrad Seidl, 4.10.2018)