"Werdet erwachsen", blaffte Senator Orin Hatch Demonstrantinnen entgegen, die Ende der Woche gegen Brett Kavanaughs Ernennung zum Höchstrichter demonstrierten. Die Zurechtweisung wurde gefilmt und ging viral. Und sie verdeutlich, dass es aus Sicht der Republikaner vollkommen unreif wäre, die in Aussicht stehende konservative Machtabsicherung im Höchstgericht nur wegen einer "Jugendsünde" aufs Spiel zu setzen.

Wenn es um nackte Machtfragen geht, werden Moralvorstellungen berechnend zurechtgebogen. Und die Rechnung lautet: Wer das Höchstgericht beherrscht, hat für die nächsten Jahrzehnte das rechtsstaatliche Auslegungsmonopol – also das letzte Wort in ideologisch umkämpften Themen wie Abtreibung, Ehe für alle, aber auch in der Frage, ob strafrechtliche Verfolgung eines amtierenden Präsidenten möglich sein sollte. In diesem Licht pikant: Das FBI, seit J. Edgar Hoover besonders stolz auf seine politisch unabhängige Arbeitsweise, lieferte mit seiner in Windeseile und durchgedrückten "Untersuchung" das Feigenblatt für die Absegnung Kavanaughs.

Öffentlichkeit aufgewühlt

Besonders paradox aus gesellschaftspolitischer Sicht ist aber auch, dass dieser offen ausgetragene Machtstreit zwischen Republikanern und Demokraten gerade jetzt, wo die #MeToo-Bewegung nach einem Jahr Bilanz zieht, für die Republikaner und gegen die Frauenrechte ausgeht.

Ein Gutes hat die Bestellung Kavanaughs: Die Affäre hat in den letzten Wochen die amerikanische Öffentlichkeit aufgewühlt. Die Zwischenwahlen, die üblicherweise eine niedrige Wahlbeteiligung haben (35,9 Prozent gaben 2014 ihre Stimmen ab) könnten eine willkommene Gelegenheit für all jene sein, die nun über ihre Wahlstimme Einfluss auf die Machtverhältnisse nehmen wollen.

Üblicherweise nutzt eine hohe Wahlbeteiligung in den USA den Demokraten. Das Machtmonopol, das die Republikaner um jeden Preis auf ihre Seite bringen wollten, könnte sich nach den Halbzeitwahlen schon wieder verschieben. "Werdet erwachsen" könnten vor allem die US-Bürgerinnen dann rufen: "Das Volk redet auch noch mit." (Manuele Honsig-Erlenburg, 6.10.2018)