Wien – Überraschung bei der heutigen Bekanntgabe der Shortlist für den Österreichischen Buchpreis: In der Endauswahl für die Auszeichnung, die am 5. November zum dritten Mal vergeben wird, befinden sich Josef Winkler, Daniel Wisser, Milena Michiko Flašar, Heinrich Steinfest und Gerhard Jäger, nicht jedoch ihre prominenten Kollegen Arno Geiger und Robert Seethaler.

Von der fünfköpfigen Jury (Konstanze Fliedl, Bernhard Fetz, Jens Jessen, Evelyne Polt-Heinzl und Bettina Wagner) wurden auch Mareike Fallwickl, Hanno Millesi und Margit Schreiner, die sich noch auf der Longlist befunden hatten, nicht fürs Finale nominiert, bei dem der Sieger 20.000 Euro, jeder weitere Finalist 2.500 Euro erhält.

Winkler Favorit

Als Favorit mag nun Büchner-Preisträger Josef Winkler gelten. Der 65-jährige Vorsitzende des österreichischen Kunstsenats hat mit "Lass dich heimgeigen, Vater oder Den Tod ins Herz mir schreibe", das vor der Buchveröffentlichung als Theatertext im Burgtheater-Kasino uraufgeführt worden war, sein Lebensthema, die ebenso wütende wie schmerzhafte Auseinandersetzung mit dem übermächtigen Vater und der Heimat, virtuos weitergeführt. Die lange verschwiegene Tatsache, dass der aus Kärnten stammende Judenhasser und Kriegsverbrecher Odilo Globocnik nach seinem Selbstmord auf jenem "Sautratten" genannten Gemeinschaftsfeld begraben worden war, auf dem auch die Familie Winkler ihr Getreide anbaute, speist dabei einen furiose, monologische Anklage. "Die Sätze, die sich in kreisenden, bohrenden, in schauerliche Tiefe grabenden Bewegungen entfalten, gehören zum Wuchtigsten, was deutsche Prosa heute überhaupt bieten kann", urteilte die Jury.

Düstere Lektüre

Auch die übrigen nominierten Bücher waren beim Erscheinen mit hervorragenden Kritiken bedacht worden. Daniel Wissers "Königin der Berge", ein um das Thema Sterbehilfe kreisender Roman, empfand die Jury "bei aller Tragik des Themas als eine überaus anregende und keineswegs düstere Lektüre". An Milena Michiko Flašars "Herr Kato spielt Familie", der Geschichte eines Pensionisten, der in fremden Rollen zu sich selbst findet, rühmt die Jury u. a. den "ironischen Tonfall, der das Pathos nicht scheut" und die "große Empathie" der Autorin. Gerhard Jägers zweiter Roman "All die Nacht über uns" beleuchtet das Thema Flucht aus allen Perspektiven und ist, so die Jury, "ein Buch, das einen lange nicht loslässt". Heinrich Steinfests Roman über "Die Büglerin" punktete bei den Juroren mit Witz und Eleganz. "Bei aller schalkhaften Hintergründigkeit ist es zuletzt ein weises Buch über Schicksal, Schuld und große Liebe."

Für den gleichzeitig vergebenen und mit 10.000 Euro dotierten Debütpreis sind Ljuba Arnautović ("Im Verborgenen"), David Fuchs ("Bevor wir verschwinden") und Marie Gamillscheg ("Alles was glänzt") nominiert. Am 18. Oktober lesen die drei in der Bibliothek der Arbeiterkammer Wien.

Der Österreichische Buchpreis ist seit seiner Einführung 2016 fest in weiblicher Hand. Bisherige Gewinnerinnen sind Friederike Mayröcker und Eva Menasse, der Debütpreis ging bisher an Friederike Gösweiner und Nava Ebrahimi. (APA, 9.10.2018)