Die Bundesländer machen bei der Neuordnung der Mindestsicherung Druck: Bei einem Treffen in Salzburg haben die Sozialreferenten der Länder Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) am Freitag einstimmig aufgefordert, "ehestmöglich" einen Entwurf für ein Grundsatzgesetz des Bundes vorzulegen und sich mit den Ländern noch vor Beginn der Begutachtung fachlich und politisch auszutauschen.

"Sind sehr unzufrieden"

"Eine Husch-Pfusch-Aktion wollen wir für die Mindestsicherung vermeiden, weil diese ein ganz wesentlicher Baustein in der Sozialpolitik ist. Und da sollen die Länder berücksichtigt werden", betonte der Salzburger Sozialreferent LHStv. Heinrich Schellhorn (Grüne) als derzeit Vorsitzender nach dem Treffen vor Journalisten. "Es ist ein fein ziseliertes Thema, weil es sich um das unterste soziale Auffangnetz handelt", ergänzte sein Wiener Kollege Peter Hacker (SPÖ). "Wir sind sehr unzufrieden, dass eine essenzielle Frage wie die der Armutsbekämpfung so lange in der politischen Warteschleife hängt", so Hacker.

Angekündigt war der Entwurf der Ministerin laut Schellhorn bis Ende Juni. Zuletzt hat Hartinger-Klein den Entwurf für November in Aussicht gestellt und diesen Termin trotz der Vertagung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zur Rechtmäßigkeit der oberösterreichischen Mindestsicherung am Freitag nochmals bekräftigt.

Freiraum bewahren

Einig waren sich die Bundesländer auch darin, dass ein Bundesgesetz noch genug Freiraum für Länderspezifika lassen muss. So würden beispielsweise im Burgenland Mietkosten keine Rolle bei der Mindestsicherung spielen, im Vorarlberg hingegen sehr stark. "Da gibt es einen Faktor von mehr als dem Doppelten", sagte Hacker. Große Unterschiede gebe es aber etwa auch beim Angebot an Kinderbetreuung, selbst in den einzelnen Regionen eines Bundeslandes. Und außerdem zeigten sich Schellhorn und Hacker verwundert, dass der Bund offenbar die Einführung von Höchstsätzen beabsichtigt: "Normalerweise werden Mindeststandards definiert", so Schellhorn.

Schellhorn machte außerdem darauf aufmerksam, dass 30 bis 40 Prozent der Menschen in der Mindestsicherung Kinder und Jugendliche seien. Sollte es also gerade hier zu einer Degression der sozialpolitischen Unterstützung kommen, steigere dies die Kinderarmut. Außerdem sei es fraglich, ob die beabsichtigen Mehrkinder-Regelungen verfassungsrechtlich halten. Birgit Gerstorfer (SPÖ) aus Oberösterreich berichtete dazu, dass ja in ihrem Bundesland vor einem Jahr eine Deckelung der Mindestsicherung für "große Bedarfsgemeinschaften" eingeführt worden sei. Betroffen davon seien 974 Familien mit 4.197 Personen, darunter 2.729 Kinder. "Das wird zu Folgekosten in der Kinder- und Jugendhilfe führen."

Gerstorfer verwies in diesem Zusammenhang auch noch auf eine andere Tatsache: Die Regelung ihres Bundeslandes werde ja gerne als Vorbild für ein österreichweites Modell genannt. Bereits seit 1. Juli 2016 gebe es die Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtigte. Tatsächlich handle es sich aber um eine sehr kleine Zahl, und zwar um 568 von rund 13.000 Menschen. "Die Ersparnisse sind nicht so groß wie erwartet. Die Rede war von bis zu 70 Millionen, da sind wir weit, weit weg." (APA, 12.10.2018)