Das neue Parteistatut hätte frischen Wind in die SPÖ bringen und die Bequemlichkeit der Funktionärsschicht ein wenig aufbrechen sollen. Christian Kern, der mittlerweile schon wieder von Bord ist, hatte sich mehr Mitbestimmung für die Basis und eine beschränkte Zeit für Mandate gewünscht – eine Art von Revolte von oben gegen die Funktionärsclique.

Die Partei ließ dazu sogar eine Mitgliederbefragung durchführen, und siehe da: Eine breite Mehrheit sprach sich für die Statutenreform aus. Die Möglichkeit der Mitbestimmung und eine zu erwartende Durchmischung der Funktionäre stießen auf große Zustimmung. Die Funktionärsclique, allen voran der Wiener Landesparteichef Michael Ludwig, sah das aber anders und schob das Votum der Mitglieder beiseite: Die Reform wurde abgesagt, still und heimlich. Erst nach einem Bericht des STANDARD kam wieder Bewegung in die Diskussion. Die Mitglieder rebellierten. Die Parteiführung geriet in Zugzwang.

Was jetzt kommt, ist eine Reform light: Der Funktionärskader der SPÖ muss sich in seiner Bequemlichkeit weder durch Mitbestimmung noch durch zeitliche Begrenzung aus der Ruhe bringen lassen.

Parteimitglieder dürfen künftig zwar über Koalitionen und einen allfälligen Regierungspakt abstimmen, aber nur dann, wenn eine Mehrheit des Parteivorstands das auch so will und zulässt. Das ist eine gelenkte Scheindemokratie, das Gegenteil von offen und mutig. Das ist schlichtweg feige. Die Parteiführung bevormundet die Mitglieder, sie nimmt sie nicht ernst.

Von der Regelung, sich nach zehn Jahren im Amt von einer Zweidrittelmehrheit der Gremien bestätigen zu lassen, haben sich die Landesorganisationen freigespielt: Sie wird auf ihrer Ebene nicht gelten. Die Funktionäre haben Angst vor ihrer eigenen Basis. Offenbar zu Recht. (Michael Völker, 18.10.2018)