"Träumer", "spanische Tänzerin", "kopfloses Hühnermonster" ... man sieht, was man sehen will.
Foto: NOAA

Hobart – Als der schwedische Zoologe Johan Hjalmar Théel 1882 ein bei der Entdeckungsfahrt der HMS Challenger aufgesammeltes Tier untersuchte, das vor seinem Tod elegant durchs Wasser geschwebt war, gab er ihm die Bezeichnung Enypniastes, Griechisch für "Träumer". Und er hätte sich wohl nicht träumen lassen, dass die Spezies knapp eineinhalb Jahrhunderte später aufgrund einer gewissen Ähnlichkeit zu einem Grillhendl als "kopfloses Hühnermonster" im Internet trenden würde.

Zu ihrem aktuellen Ruhm hat es die Spezies Enypniastes eximia, eine Seegurken-Art, gebracht, weil Forschern Filmaufnahmen des selten gesichteten Tiers in der Tiefsee um die Antarktis gelungen sind. Diese Art war vorher erst einmal im Golf von Mexiko gefilmt worden, wie die Australian Antarctic Division (AAC) mitteilte.

AusAntarctic

Enypniastes eximia wird zwischen sechs und 25 Zentimeter groß, ist je nach Alter zartrosa bis rotbraun gefärbt und beginnt bei Berührung durch Biolumineszenz zu leuchten. Auf den ersten Blick würde man sie vielleicht für eine Meeresschnecke halten, von denen es viele bunte und mit flossenähnlichen Fortsätzen versehene Arten gibt.

Tatsächlich handelt es sich aber um kein Weichtier, sondern um einen Stachelhäuter: Seegurken sind mit Seesternen und Seeigeln verwandt. Aus dieser Verwandtschaft sticht Enypniastes allerdings deutlich hervor, denn normalerweise leben Stachelhäuter am Boden – die meisten kriechen, während die Gruppe der Seelilien sogar mit einem Stiel am Boden verankert ist.

Ungewöhnliche Vertreter ihrer Verwandtschaft

Enypniastes eximia hingegen verbringt nur einen geringen Teil ihrer Zeit am Boden, um dort den Schlamm oder Sand nach Nahrung zu durchforsten. Ansonsten bewegt sie sich dank der Schwimmhäute an Vorder- und Rückseite frei durchs Wasser, von 300 bis 6.000 Metern Tiefe, soweit man bisher weiß. Es ist nicht die effizienteste Schwimmbewegung im Tierreich, aber immerhin hat sie ihr einen weiteren Spitznamen eingetragen, der etwas eleganter anmutet als "kopfloses Hühnermonster" und Théel vermutlich besser gefallen hätte: "spanische Tänzerin".

Übertroffen wird sie nur noch von der Seegurke Pelagothuria natatrix. Diese hat sich komplett vom Leben am Boden gelöst und hält sich in Tiefen von 200 bis 4.000 Metern ausschließlich im freien Wasser auf. Und sie sieht weder wie eine Seegurke noch wie eine Meeresschnecke aus, sondern wirkt mit den zwölf Mundtentakeln, die einen 16 Zentimeter durchmessenden transparenten Schirm aufspannen, wie eine Qualle.

Sorgfalt gefordert

"Das Südpolarmeer enthält eine unglaubliche Vielfalt von Meeresorganismen, darunter viele kommerziell begehrte Arten, deren Entnahme mit Blick auf künftige Generationen sorgfältig gehandhabt werden muss", sagte die australische Beauftragte für die Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (CCAMLR), Gillian Slocum. Die Daten, die mit speziellen Kameras gesammelt wurden, werden auf einer Konferenz vorgestellt, die am Montag in Hobart begann. (red, 22.10.2018)