Wien – Der Ministerrat hat am Mittwoch die umstrittene Sozialversicherungs-Reform beschlossen. "Es ist gelungen", frohlockte Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ). Die Regierung verteidigte die Reform auch einmal mehr gegen die vielfältige Kritik – die Diskussion darüber, ob man tatsächlich eine Milliarde einsparen kann, bewertete Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) als "Versuch eines gewissen Ablenkungsmanövers".

Die Sozialversicherungsreform sei eines der zentralen Projekte der Regierung, betonte Kurz am Mittwoch im Pressefoyer, das diesmal ausnahmsweise vor der Regierungssitzung stattfand. Man habe nach der Begutachtung rund 40 Konkretisierungen vorgenommen, beim Ziel aber sei man "hartnäckig" geblieben. In den vergangenen Wochen habe es viel "Angst- und Panikmache" gegeben – nämlich "Falschbehauptungen", dass Krankenhäuser geschlossen oder Leistungen für Patienten gekürzt würden.

Kritik wird nicht verstummen

Die Kritik werde auch nach den jüngsten Änderungen nicht verstummen, glaubt der Kanzler, "weil es Funktionäre gibt, die ihre Machtposition verlieren und die unglücklich darüber sind". Man fühle sich aber der Bevölkerung verpflichtet "und nicht einigen wenigen Generaldirektoren". Auch gebe es einige, die die Reform einfach aus Parteitaktik kritisieren müssten. Jene, die berechtigte Sorgen hätten, werde man weiter aufklären.

Freilich gab es auch harsche Kritik von unverdächtiger Seite: So hatte etwa Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker bemängelt, dass der Nachweis zum Einsparen der von der Regierung behaupteten Milliarde fehle. "Wir haben alles, was in unserer Macht steht möglich gemacht, damit das funktionieren kann", versicherte Kurz. Es gehe um ein Bündel an Maßnahmen über mehrere Jahre, und es sei auch stets ein Zusammenwirken mit der Selbstverwaltung – "zumindest solange es die Selbstverwaltung gibt", fügte der Kanzler hinzu.

Milliarde oder nicht

Die Diskussion um die Milliarde sei überhaupt eine "interessante", befand der Kanzler. Der entscheidende Punkt sei nicht, "ob es auf den Euro genau eine Milliarde ist", findet er, sondern was mit dem Geld passiere. Es gehe um "in etwa eine Milliarde", erklärte Kurz, "wenn es 900 Millionen werden, sind es noch immer 900 Millionen mehr als zuvor". Ziel sei es, dass jeder eingesparte Euro den Patienten zugute komme.

"Aus einer Verwaltungsmilliarde wollen wir in Zukunft eine Patientenmilliarde machen", versprach auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) neuerlich. Die Zusammenlegung der Sozialversicherungen von 21 auf fünf sei ein "überfälliger und notwendiger Schritt", die Reform bringe eine "Verschlankung des Systems". Er sei "stolz", dass man diese gegen den Widerstand "der Funktionäre" zusammengebracht habe.

Macht und Angst

"Dass manche Funktionäre aufschreien und Angst haben, ihre Macht zu verlieren, ist verständlich", aber eigentlich nicht im Sinne der Versicherten, meinte auch die zuständige Ministerin Hartinger-Klein. Befürchtungen, Teile der Reform könnten gegen die Verfassung verstoßen, widersprach sie: Alle Maßnahmen seien verfassungskonform – das hätten ihr Experten versichert. Es gebe nun klare, effiziente Entscheidungsstrukturen, betonte sie. Mit der Strukturreform habe man einen Schritt in Richtung Gesundheitsreform gemacht.

ÖVP-Klubchef August Wöginger frohlockte über die "größte Strukturreform der Sozialversicherung in Österreich" und appellierte an alle, die dort tätig sind, diese auch mitzutragen und umzusetzen. (APA, 24.10.2018)