Bei den Wahlkampfausgaben liegt FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hinter Sebastian Kurz' ÖVP – seine Erklärungen sind aber kreativer.

Foto: der Plankenauer

Dass Politiker nach Fehltritten die Schuld bei anderen suchen, ist man gewöhnt. Dass die "anderen" die eigenen Landesparteien sind, das ist neu: Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache versuchte am Mittwoch in der ZIB 2, die massive Überschreitung des gesetzlichen Wahlkampfkostendeckels durch seine Partei zu erklären. Neben einer Preissteigerung von (laut Strache) "bis zu 35 Prozent" hätten die FPÖ-Landesorganisationen "teilweise leider nicht in Akkordierung mit der Bundeszentrale auch selbst Aktionen gesetzt". Die Partei habe das erst am Ende des Wahlkampfes feststellen können.

Wer also sind die Übeltäter? In Wien fühlt man sich nicht angesprochen – immerhin ist Strache dort auch Landesparteiobmann. Man habe sich immer an die mit der Bundespartei vereinbarten Budgets gehalten, heißt es auf STANDARD-Anfrage.

Patriotische Begründung

Schuldbewusstsein zeigt man dagegen in Niederösterreich: "Im Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern gibt es naturgemäß immer Überschneidungen", lässt Landesparteisekretär Michael Schnedlitz wissen. Die Kosten der niederösterreichischen Freiheitlichen seien "teils massiv gestiegen". Auch wegen Regionalkampagnen, die zwar "nicht im direkten Zusammenhang mit der Nationalratswahl gestanden haben", aber im für das Gesetz relevanten Zeitraum gelaufen sind.

Die Niederösterreicher haben auch noch eine patriotische Entschuldigung auf Lager: Die Kampagnenkosten seien auch deswegen explodiert, weil man versuche, Aufträge "nach Möglichkeit laufend an regionale Unternehmen zu vergeben". Wenn ein Gesetz dazu anrege, "billigere Werbemittel etwa aus China oder Osteuropa zu beziehen", sei es "auf alle Fälle zu hinterfragen".

Das findet im Übrigen auch Strache: Die FPÖ habe die Begrenzung der Wahlkampfkosten schon bei ihrer Einführung 2012 abgelehnt. Der Vizekanzler stellte auch in den Raum, dass die "Beschränkung von Information" überhaupt verfassungswidrig sein könnte.

Verfassungsjurist: Gesetzgeber kann Schranken einziehen

Das hält der Verfassungsjurist Heinz Mayer allerdings für unplausibel: Bei den Wahlkampfausgaben handle es sich großteils um Geld, das vom Staat an die Parteien fließt. Solange politische Werbung dadurch nicht gänzlich verunmöglicht wird, "kann der Gesetzgeber auch Schranken einziehen", sagt Mayer zum STANDARD.

Wie berichtet, haben ÖVP und FPÖ die gesetzliche Obergrenze für Wahlkampfausgaben bei der Nationalratswahl 2017 massiv überschritten (siehe Grafik).

Die Volkspartei liefert übrigens lediglich den "außergewöhnlichen Wahlkampf" als Erklärung für den Gesetzesbruch. Die SPÖ liegt nur 0,4 Millionen Euro über dem Limit von sieben Millionen Euro – die Regierungsparteien werfen den Sozialdemokraten allerdings vor, das Gesetz über wahlwerbende Vereine umgangen zu haben.

Wertanpassung ausgesetzt

Ein Automatismus hätte die Übertretung der SPÖ zum Großteil verhindert, hätte Türkis-Blau ihn nicht außer Kraft gesetzt: 2018 wäre eine Wertanpassung von Parteienförderung und Wahlkampfdeckel fällig gewesen, um die Inflation auszugleichen. Sie wurde ausgesetzt – auf Initiative von ÖVP und FPÖ, die das als Signal für das vielbeschworene "Sparen im System" verkauften.

Die Opposition versucht seit Bekanntwerden der Gesetzesbrüche, sich mit Forderungen nach strengeren Strafen zu überbieten: Die Liste Pilz schlägt vor, die Parteienförderung bei Verstößen um jenen Betrag zu kürzen, der über der Obergrenze für Wahlkampfkosten liegt. Nach den Vorstellungen der Neos soll das Sprengen der Grenze als Straftatbestand eingeführt werden, die Strafe soll 150 Prozent der Übertretung ausmachen. Die SPÖ sieht in einem der APA vorliegenden Entwurf für eine Novelle eine gestaffelte Erhöhung der Bußgelder vor. Ab einer Überschreitung von mehr als 25 Prozent würden dann 200 Prozent des entsprechenden Betrags als Strafe fällig. (Sebastian Fellner, 1.11.2018)