Pro
von Anne Feldkamp

Es gibt Dinge, die können im Jahr 2019 getrost mit einem mitleidigen Lächeln quittiert werden. Angebereien der durchschaubaren Art zum Beispiel. "Meine Rolex, mein Porsche, mein Tommy-Hilfiger-Shirt", so was mag einmal die Generation Jörg Haider beeindruckt haben. Heute geht Protzen anders. Denn heute versichert man sich seines Status in den sozialen Netzwerken. Dort trommelt man sich 24 Stunden täglich auf die Brust, postet in den Instagram-Storys den Yoga-"Hund" und macht Selfies auf Santorin.

Das Ergebnis dieser Bemühungen? Lässt sich an den Follower-Zahlen ablesen: Eine modelnde Geschäftsfrau à la Gigi Hadid hat 47,9 Millionen Abonnenten, wem 10.000 Accounts folgen, gilt als Mikro-Influencer, wer unter 1.000 Abonnenten hat, ist ein hoffnungsloser Fall. Ich falle bislang in die letzte Kategorie. Das ist nicht sonderlich schmeichelhaft. Aber weil falsche Bescheidenheit in sozialen Netzwerken niemanden beeindruckt, mache ich jetzt, was alle anderen auch tun. Ich gönne mir 1.000 neue Follower, einfach so. Kostet eh nicht mehr als zwei Tschickpackerln.

Kontra
von Daniel Koller

Instagram ist einer der wenigen verbliebenen Orte im Internet, wo alles picobello und das Leben schön ist. Ob am Strand im Urlaub, beim Lieblingsjapaner ums Eck oder bei der längst überfälligen sportlichen Betätigung – die Kamera wird für ein Foto oder Video gezückt und einfach draufgehalten. Man möchte ja schließlich seiner kleinen, aber treuen Gefolgschaft zeigen, was für ein #HappyLife man führt.

Auch wenn das jetzt alles ein bisschen oberflächlich und gestellt wirkt – Follower zu kaufen, wäre ein absolutes No-Go. Wenn man sich schon für ein Selfie herausputzt oder den perfekten Fotowinkel minutenlang für das eine Essensfoto sucht, sollen diese perfekten Momentaufnahmen dann auch nur Personen sehen, die das wirklich wollen und verdient haben. Was bringt es mir, wenn irgendwelche Bots aus aller Welt meine Bilder mit einem Like versehen? So ein Herzerl von Bekannten und Freunden fühlt sich dann schon deutlich besser an. Außerdem wissen sie ja eh, wie es bei mir abseits des #HappyLife zugeht. (RONDO, 27.5.2019)