Plastiksackerl sollen in Österreich ab 2020 offenbar verboten werden.

Foto: Tina Pfäffle

Wien – Die Bundesregierung will ein komplettes Verbot von Plastiksackerln im Handel ab dem Jahr 2020 beschließen. Betroffen sind alle Kunststofftragetaschen, mit Ausnahme jener, die biologisch vollständig abbaubar sind. Außerdem ist ab übernächstem Jahr ein Verbot der Beimengung von Mikroplastik in Kosmetik und Reinigungsmitteln geplant, teilte das Umweltministerium am Sonntag in einer Aussendung.

Mit dem Plastiksackerlverbot sollen 5.000 bis 7.000 Tonnen weggeworfene Kunststofftragetaschen jährlich vermieden werden, wurde betont. "Wir haben in den letzten Jahren große Fortschritte mit Vereinbarungen mit dem Handel erzielt. In vielen Lebensmittelketten werden schon jetzt gute Alternativen angeboten. Wir brauchen Einweg-Plastiksackerl einfach nicht mehr. Das Verbot wird hier einen klaren Schlussstrich setzen", betonte Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), die den Schritt schon zuvor via "Kronen Zeitung" mitgeteilt hatte.

Runder Tisch mit Handelsketten

ÖVP und FPÖ kündigten an, zu einem runden Tisch mit den führenden Handelsketten und Branchenvertretern laden zu wollen. Es brauche einerseits klare Vorgaben der Politik, andererseits müsse für die bestmögliche Umsetzung gemeinsam mit Handel und Experten nach Lösungen gesucht werden. Die "Auswirkungen auf den Einzelhandel, Lieferservices oder den klassischen Würstelstandbetreiber werden in dieser Diskussion berücksichtigt", hieß es in der Aussendung.

Die Wirtschaftsvertreter sind allerdings wenig angetan von dem koalitionären Vorhaben. "Das jetzt angekündigte generelle Verbot ist aus unserer Sicht nicht notwendig", bemerkte Peter Buchmüller, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer (WKÖ). Er verwies darauf, dass die aktuell freiwillige Vereinbarung mit großen Handelsunternehmen zur Reduktion des Kunststofftaschenverbrauchs "hervorragend funktioniert". Tatsache sei: "Das Gratis-Plastiksackerl ist im österreichischen Handel schon jetzt praktisch Geschichte, der Verbrauch an Plastiktaschen massiv zurückgegangen."

Ruf nach Unterstützung

Buchmüller betonte, dass eine Ausweitung der freiwilligen Vereinbarung auf kleinere Handelsbetriebe angeboten wurde. "Wenn es jetzt trotzdem zu einem Plastiksackerl-Verbot kommen soll, brauchen die Betriebe Unterstützung, um ihren Kunden praktikable Alternativen anbieten zu können." Zudem könne es nicht sein, "dass hier einmal mehr nur der österreichische Handel, nicht aber der ausländische Online-Versandhandel in die Ziehung kommt", kritisierte Buchmüller.

Eine Regulierung des internationalen Online-Handels und Bewusstseinsbildung beim Konsumenten sei entscheidend, hieß es auch aus dem Handelsverband. "Wir würden uns jedoch wünschen, dass hochwertige Mehrweg-Kunststofftragetaschen im Handel weiterhin kostenpflichtig eingesetzt werden dürfen. Diese werden schließlich nicht nach einem Einkauf weggeworfen", forderte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Lob von Greenpeace

Greenpeace begrüßt hingegen die Pläne der Regierung. Die Umweltschutzorganisation warnte jedoch davor, das Plastiksackerl mit Sackerl aus Papier oder Bio-Plastik zu ersetzen. Nur Mehrwegsackerl seien tatsächlich umweltschonend. Das Verbot müsse zu einer Reduktion der Abfallmengen führen und darf das Problem nicht auf andere Materialien verlagern, die eine ähnlich schlechte Ökobilanz aufweisen, wie das Plastiksackerl, so Greenpeace.

"Wir wollen ein neues Umweltbewusstsein schaffen und dem Trend der 'Wegwerfgesellschaft' entgegenwirken", erläuterte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Im Vergleich zur Plastikverpackungsmenge aus dem Jahr 2016 müssen bis 2025 nachweislich 20 bis 25 Prozent der Kunststoffverpackungen reduziert werden, nannte die Regierung als Ziel. Das betrifft demnach vor allem Einwegverpackungen und entspricht einer Reduktion von rund 60.000 Tonnen Plastik. "40 Tonnen Plastik landen allein jährlich in der Donau. Mit dieser sinnlosen Umweltverschmutzung machen wir jetzt Schluss", sagte Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ).

Bisher setzte man auf Freiwilligkeit

Wie erwähnt wurde dem Plastik schon in den vergangenen Jahren der Kampf angesagt – allerdings basierte dementsprechendes Engagement häufig auf Freiwilligkeit. So schlossen sich 2016 beispielsweise mehrere Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel zusammen, um Gratis-Plastiksackerl zu reduzieren.

Rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft wies Greenpeace vor wenigen Tagen auf die enorme Summe an Wegwerfsackerl aus Plastik in der Bekleidungsbranche hin. Laut Berechnungen der NGO wandern in Österreich rund 80 Millionen Sackerl pro Jahr über den Ladentisch. Teilweise sogar kostenfrei.

EU stimmte bereits ab

Im Oktober stimmte das EU-Parlament über ein Verbot von Einweg-Kunststoffartikeln ab. Bis Ende des Jahres sollen nun die finalen Verhandlungen abgeschlossen werden. Die EU-Kommission hatte im Mai vorgeschlagen, Einmalgeschirr, Strohhalme, Wattestäbchen und andere Wegwerfartikel aus Plastik zu verbannen. Sie legte sich damit mit der Kunststoffbranche an, die laut Behördenangaben 2015 einen Umsatz von 340 Milliarden Euro machte und 1,5 Millionen Menschen beschäftigte. Verboten werden sollen jedoch nur Gegenstände, für die es aus Sicht der Kommission bereits Alternativen gibt.

Bei dem Kommissionsvorschlag handelt es sich um eine EU-Richtlinie, die Mitgliedstaaten haben dabei nach der finalen Einigung in der Regel zwei Jahre Zeit, die entsprechenden Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. (red, APA, 2.12.2018)