Getragen wird die momentane Hochkonjunktur von der Industrieproduktion, aber auch vom Bausektor und den Dienstleistungen.

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Wien – Nicht nur die Temperaturen fallen derzeit, auch Österreichs Wirtschaftsmotor kühlt langsam ab. Nach einem Jahr der Hochkonjunktur dürfte das Wachstum in dem kommenden Jahr schwächer ausfallen: Das Institut für Höhere Studien (IHS) rechnet 2019 mit einem Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent und 1,6 Prozent im Folgejahr. Heuer wächst Österreichs Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,7 Prozent – und damit weitaus mehr als der Durchschnitt im Euroraum.

Passend zur Saison verglich IHS-Chef Martin Kocher die Lage mit einer Fahrt auf der Kitzbühler Streif: Man sei "keinesfalls in der Mausefalle" , allenfalls auf der Terrasse unter dem Hausberg. Dennoch: "Es ist etwas ruckeliger." Die Hochkonjunktur habe sich bereits im Jahresverlauf verlangsamt, die Zahlen für Österreich seien aber "weiterhin gut".

Auch Christoph Badelt, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), fand bei der Pressekonferenz am Donnerstag alpine Vergleiche für die Wirtschaftslage. Bei einer Wanderung auf den Gipfel werde es oben kälter: "Es ziehen Wolken auf, aber keine schwarzen." Nur weil das Wachstum "weniger positiv" sei, wäre es "bei weitem nicht negativ". Österreich stehe vielmehr auf einer "festen Basis". Das Wifo hatte seine Prognose im November nach einem schwächeren dritten Quartal bereits nach unten revidiert. Für die kommenden zwei Jahren rechnet das Institut mit einem Wachstum von 2,0 und 1,8 Prozent.

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Das heurige starke Wirtschaftsjahr wurde nach Wifo-Angaben vor allem von der Industrie getragen. Der Handel habe sich hingegen insgesamt etwas schwächer entwickelt. Ein Grund dafür waren laut Badelt die Sondereffekte im Kfz-Handel, die durch den Dieselskandal hervorgerufen wurden. Auch der private Konsum hat maßgeblich zum Wirtschaftswachstum beigetragen.

Für einen Dämpfer in den kommenden zwei Jahren dürfte die nach wie vor unsichere Weltwirtschaftslage sorgen. Neben noch brodelnden Handelskonflikten bilde der anstehende EU-Austritt Großbritanniens einen großen Unsicherheitsfaktor am Markt. "Der Brexit bleibt das größte Risiko", sagte Kocher – und zwar für ganz Europa.

Trend setzt sich fort

In Österreich hat die rosige Wirtschaftslage 2018 jedenfalls zu einem Anstieg der Beschäftigung geführt. Auch im kommenden Jahr dürfte sich der Trend fortsetzen, wenn auch verlangsamen: Das Wifo geht davon aus, dass die Arbeitslosenquote von 7,7 Prozent in den kommenden zwei Jahren auf 7,3 und 7,2 Prozent sinken wird. Das IHS prognostiziert für die kommenden zwei Jahre hingegen mit einer Arbeitslosenquote von 7,4 Prozent.

Trotz des positiven Trends wird es 2020 voraussichtlich mehr als 300.000 Arbeitslose in Österreich geben, warnte Badelt. Beide Institute orten fehlende Maßnahmen im Bereich der Langzeitarbeitslosen sowie ein "strukturelles Problem" bei Fachkräften, das sich durch die Pensionierung der Babyboomer zuspitzen dürfte. "Es gibt einen zunehmenden qualifikatorischen 'Mismatch'", kritisierte IHS-Chef Kocher. Derzeit würden zu viele reine Pflichtschulabsolventen auf den Arbeitsmarkt kommen, so Badelt. Der Wifo-Chef nannte Bildung ab dem Vorschulalter als wichtigsten Faktor. Auch Menschen mit positivem Asylbescheid sollten stärker in den Arbeitsmarkt einbezogen werden, so Badelt – und zwar "nicht nur für Hilfsjobs".

Verringerung der Abgabenbelastung

Die Einkommen der Privathaushalte und ihre Konsumnachfrage werden laut Wifo durch "solide Lohnerhöhungen" und eine Verringerung der Abgabenbelastung gestärkt werden. Der Anstieg der Löhne und Gehälter werde sich 2019 neuerlich beschleunigen – da die Abschlüsse der diesjährigen Herbstlohnrunde etwas über den Erwartungen der letzten Wifo-Prognose von Anfang Oktober lagen: "Nach Abzug von Steuern und Inflation ergeben sich Zugewinne pro Kopf und Arbeitsstunde", hält das Institut fest.

Dass die italienische Budgetkrise nach der jüngsten Einigung mit der EU-Kommission beigelegt scheint, beruhigt die Experten. Denn davon wäre Österreichs Wirtschaft aus Wifo-Sicht am meisten betroffen gewesen, hätte das doch einen Bankenrun bewirkt, nachdem schon bisher italienische Anleger ihre Ersparnisse vermehrt ins Ausland transferiert hatten. (lauf, APA, 20.12.2018)