Kärnten will Schadenersatz von den Erbinnen Jörg Haiders, Ulrike Haider-Quercia, Claudia Haider und Cornelia Mathis-Haider (von links).

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Manche Ereignisse werfen sehr lange Schatten, manche ziehen weite Kreise – die Kärntner Causa Birnbacher-Honorar tut beides. Im Justizministerium in Wien wartet seit längerem ein Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft (StA) Klagenfurt auf seine Erledigung. Das dahinterliegende Verfahren wegen Untreueverdachts gegen einen ÖVP-Politiker und einen Landesmanager geht letztlich auf das sechs Millionen Euro schwere Birnbacher-Honorar aus 2007 zurück.

Zur Erinnerungsauffrischung: Der Villacher Steuerberater Dietrich Birnbacher hat 2007 beim Verkauf der Hypo Alpe Adria an die Bayern ein ums rund 30-Fache überhöhtes Honorar kassiert. Bezahlt hat das die Kärntner Landesholding. Birnbachers Auftraggeber waren Jörg Haider (FPÖ) und der damalige Kärntner ÖVP-Chef und Landesrat Josef Martinz gewesen. Er und Birnbacher gestanden später, es sei eine Parteienfinanzierung geplant gewesen. Beide haben ihre Strafen verbüßt.

Offene Millionenforderungen

Die Landesholding (sie wird aufgelöst) hat nun noch 2,8 Millionen Euro an Forderungen offen und 600.000 Euro davon bei der Witwe und den zwei Töchtern Haiders eingeklagt. Sie werden von Exjustizminister Dieter Böhmdorfer (bekennt sich zur "freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft") vertreten. So weit die Rückschau.

Mitte 2018 hat Böhmdorfer zum Gegenschlag ausgeholt. Er hat den Kärntner Landesrat Ulrich Zafoschnig (ÖVP) und Johann S. wegen des Verdachts der Untreue angezeigt, sie waren Chefs der Landesholding. Die StA Klagenfurt ermittelte bis Sommer und legte ihren Vorhabensbericht vor, nun ist der Weisungsrat am Zug. Angeblich soll die Causa demnächst eingestellt werden, bestätigt wird das im Justizministerium nicht.

Hypothek statt Haider-Erben

Böhmdorfer argumentiert seine Anzeige flapsig nacherzählt so: Die Holding hätte sich das Verfahren gegen die Haider-Erbinnen und die Kosten dafür ersparen können und müssen. Denn sie habe ihre gesamte Forderung (für die neben Birnbacher und Martinz zwei weitere verurteilte Ex-Landesmanager geradestehen) seit 2015 auf einem Seegrundstück von Martinz mittels Hypothek abgesichert. Das Grundstück ist jenes, auf dem die familieneigene Terrassencamping Ossiach Martinz GmbH einen Zeltplatz am Ossiacher See betreibt. Laut Gutachten, auf die sich Anwalt Böhmdorfer berufen soll, sei diese Liegenschaft rund neun Millionen Euro wert. Die früheren Landesholding-Chefs hätten Martinz also nur zur Zahlung auffordern oder ihr Pfandrecht verwerten müssen – und schon hätten sie ihre Forderung herinnen. Martinz könnte sich diesfalls bei den übrigen Mithaftenden schadlos halten.

Dass die Exchefs der Landesholding stattdessen "einen unnötigen und risikoreichen Zivilprozess" gegen Haiders Erbinnen führen, hält Böhmdorfer eben für Untreue. Umso mehr, als die Kosten der Anwaltskanzlei der Holding angeblich schon jetzt jenen Betrag übersteigen, den Kärnten von den Haider-Erbinnen als Kostenersatz bekäme, selbst wenn das Land den Zivilprozess gewänne. Also sei der Holding schon jetzt ein Schaden entstanden, argumentiert der Exminister offenbar. Und er sieht das juristische Vorgehen des Landes Kärnten in Form der Klage gegen die Haider-Erbinnen als parteipolitisch motiviert an.

Keine Untreue

Den Rechtsanwalt der beiden Beschuldigten, für die die Unschuldsvermutung gilt, lässt das alles ziemlich kalt. Gernot Murko meint, dass das Vorgehen der Holdingchefs korrekt war und "niemals Untreue" darstellen könne, Böhmdorfer wolle durch das Strafverfahren nur an Informationen fürs Zivilverfahren gegen die Haiders kommen, sagt Murko auf Anfrage des STANDARD.

Auch der Anwalt von Martinz, Alexander Todor-Kostic, teilt die Rechtsansichten von Anzeiger Böhmdorfer nicht. Die Verwertung des Ossiacher Grundstücks wäre nämlich bei weitem nicht so einfach, wie Böhmdorfer es darstelle, erklärt er. Und sie würde auch sicher nicht den nötigen Erlös bringen. (Renate Graber, 4.1.2019)