Zimperlich klingt anders. "Menschlich Müll" sei der Entwurf für das Gesetz zur neuen Mindestsicherung, konstatiert die grüne Wiener Sozialsprecherin und zukünftige Spitzenkandidatin Birgit Hebein. Sozialstadtrat Peter Hacker sieht, sollte das so umgesetzt werden, den "sozialen Frieden" in der Stadt bedroht. Wer diese drastische Analyse trifft, muss daraus auch Konsequenzen ziehen. Und das hat die rot-grüne Regierung in Wien getan, indem sie ankündigte, den Regierungsentwurf zur Mindestsicherung in seiner jetzigen Form nicht umzusetzen.

Rot-Grün strickt damit eine Erzählung von Wien als gallischem Dorf, das sich gegen türkis-blaue Angriffe auf soziale Errungenschaften wehrt. In der Tat steht hinter dem Entwurf des "Sozialhilfegrundsatzgesetzes" eine andere Idee von Armutsbekämpfung, als es bei der bedarfsorientierten Mindestsicherung der Fall war. Darauf weisen nicht nur die Stadt Wien, sondern auch dutzende NGOs hin.

Die Wiener gehen damit ein Risiko ein. Denn selbst wenn einzelne Punkte noch abgeschwächt werden: Es ist unrealistisch, dass das Ergebnis den formulierten Ansprüchen genügen wird. Stimmen sie einem halbgaren Kompromiss zu, haben sie den politischen Schlagabtausch verloren. Setzen sie das Gesetz nicht um, sitzen sie juristisch am kürzeren Ast. Noch bleibt der Gang zum Verfassungsgerichtshof. Die selbstbewusste Ansage lässt darauf schließen, dass sich die Wiener Regierung dort Chancen ausrechnet. (Vanessa Gaigg, 10.1.2019)