Kommissionspräsident in spe Manfred Weber gab Kanzler Kurz und Spitzenkandidat Karas Schützenhilfe bei der Vorstellung der ÖVP-Liste für die EU-Wahl.

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Aggressiv, das sind immer die anderen. Wenn die ÖVP nun mit Othmar Karas in den EU-Wahlkampf zieht, dann wolle man "ganz bestimmt auf Angriffe nicht mit Gegenangriffen reagieren", verkündet ÖVP-Chef Sebastian Kurz bei der Präsentation der Kandidatenliste für die Wahlen zum Europaparlament Ende Mai. Von welcher Seite er diese Attacken erwarte, sagt Kurz nicht. Es ist ohnehin allen klar: Es geht um Harald Vilimsky, den Kandidaten des Koalitionspartners FPÖ.

Die ÖVP gibt sich im EU-Wahlkampf also staatstragend. So werden die öffentlich ausgetragenen Differenzen zwischen dem Spitzenkandidaten Karas und dem Parteichef kurzerhand zu einem bloßen Austausch von Rechtsmeinungen abgetan. Etwa in der Frage, ob Arbeitsmigrantinnen der Bezug von Familienleistungen gekürzt werden sollen, obwohl sie hier Steuern zahlen: Karas hatte diese Maßnahme klar abgelehnt (DER STANDARD berichtete). Bei der Kandidatenpräsentation am Montag spricht Karas nur noch von "unterschiedlichen Sichtweisen über die Rechtskonformität" der geplanten Familienbeihilfen-Indexierung. Und Kurz sieht sich mit Karas in der Grundausrichtung "auf einer Linie", Differenzen gebe es lediglich "in einzelnen Sachfragen".

Weber als Spezialgast

Zur Kandidatenliste, die am Montag im Parteivorstand einstimmig beschlossen wurde: Platz zwei geht wie berichtet an die jetzige Staatssekretärin im Innenministerium, Karoline Edtstadler, Platz drei an die stellvertretende ÖVP-Klubobfrau Angelika Winzig. Die Oberösterreicherin soll anstelle des langjährigen EU-Mandatars Paul Rübig einziehen. An vierter Stelle steht die steirische Bürgermeisterin Simone Schmiedtbauer, auf Platz fünf kandidiert der Niederösterreicher Lukas Mandl, der bereits jetzt im EU-Parlament sitzt. Platz sechs geht an ORF-Showmoderator Wolfram Pirchner, die wohl chancenlosen Plätze sieben bis zehn teilen sich Kandidaten aus dem Burgenland, Tirol, Vorarlberg und Kärnten auf. Wobei theoretisch auch die Kandidaten auf den hinteren Listenplätzen auf einen Einzug hoffen dürfen: Um die Wahlbeteiligung zu steigern, setzen die Türkisen diesmal auf einen größeren Einfluss der Vorzugsstimmen.

Gegen "Egoismus"

Prominente Unterstützung holen sich Kurz und Karas bei der Pressekonferenz am Montag vom voraussichtlich künftigen EU-Kommissionspräsidenten, dem Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber. Der Bayer sei "ein Freund und Unterstützer Österreichs", sagt Kurz. Und Weber bezeichnet Karas als "engen Freund", über dessen Kandidatur er sich ebenso freue wie darüber, dass sich auch "die Karo" Edtstadler vom Kanzler zu einem Antreten bewegen ließ. "Es geht um viel bei dieser Wahl", sagt Weber: Nun müssten nämlich die Wähler entscheiden, ob in der EU "Nationalismus und Egoismus überhandnehmen" oder doch jene Kraft, die "zwischen reinem Träumen und Verachten von Europa" den goldenen Mittelweg suche.

Auch Karas spricht erneut von einer "Richtungsentscheidung" zwischen einer Schwächung oder aber einer Stärkung der europäischen Zusammenarbeit. Sein Ziel sei es, nicht nur an Stimmen und Mandaten zuzulegen, sondern auch insgesamt die Wahlbeteiligung zu steigern. Sie lag bei der vergangenen Europawahl 2014 bei 45,4 Prozent. Zum Vergleich: An der letzten Nationalratswahl beteiligten sich 80 Prozent jener in Österreich lebenden Menschen, die laut Gesetz wahlberechtigt sind.

Die ÖVP will jedenfalls "keinen Dauerwahlkampf" führen. Es werde keine monatelange Wahlauseinandersetzung geben, vielmehr wolle man erst im Mai einen kurzen, intensiven Wahlkampf hinlegen, gelobt Kurz. Und auch die Wahlkampfkosten sollten – anders als bei der Nationalratswahl – diesmal im gesetzlich erlaubten Limit bleiben. (Maria Sterkl, 21.1.2019)