Es ist fraglich, ob das Kino unter Sternen am Wiener Karlsplatz heuer wieder stattfinden wird.

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In der Wiener Filmfestivallandschaft gärt es. So haben aus finanziellen Gründen zuletzt mehrere Institutionen wie das Kino unter Sternen oder die Poolinale ihren Betrieb eingestellt. Und Festivals wie Identities und Let's Cee wackeln. "Filmfestivallandschaft auf der Kippe", warnte am Dienstag der Fachverband Föff in einer Aussendung. Hinzu kommt Streit zwischen den Festivals.

"In Wien ist die Situation inzwischen dramatisch", sagt Marie-Christine Hartig, neue Sprecherin des 2012 gegründeten Forums österreichischer Filmfestivals (Föff). So begrüße man eindeutig das 2016 eingerichtete System, zu den Förderungen einen Festivalbeirat Empfehlungen aussprechen zu lassen. Diese neue Struktur sei aber nicht mit einer notwendigen Höherdotierung einhergegangen, was zu einer Umverteilung auf ohnehin schon niedrigem Niveau geführt habe. Man gehe von einem Mehrbedarf von rund 1,5 Millionen Euro aus.

Konflikte untereinander

"Das Prekariat steigt sich also quasi gegenseitig auf die Zehen – bis alles irgendwann auseinanderfällt", prognostizierte Hartig. Im Vergleich zu den Filmfestivals sei selbst der Pflegebereich luxuriös ausgestattet: "Viele Festivals stehen auf der Kippe und überlegen jährlich, ob und wie es weitergehen kann."

Hinzu kommen auch Konflikte innerhalb der Festivals. So wurde nach dem Rücktritt eines Großteils des Teams die Frontale aus Wiener Neustadt im November aus dem Föff ausgeschlossen – "wegen fehlender Unabhängigkeit von politischen Körperschaften". Die Ausgabe 2018 des Festivals war nach den Unstimmigkeiten bereits entfallen. Selbst den Rückzug aus dem Föff angetreten hat indes das Wiener Festival für den osteuropäischen Film (Let's Cee).

Umverteilung beklagt

"Das Geld soll zu den Großen umverteilt werden", beklagt Festivaldirektorin Magdalena Żelasko. Das gelte nicht nur für die Kulturpolitik, sondern werde auch vom in ihren Augen intransparent agierenden Föff, der nun noch 20 aktive Mitglieder repräsentiert, befördert. Forderungen wie die durchgängige Bezahlung der Mitarbeiter nach Kollektivvertrag sei für kleinere Festivals schlicht nicht leistbar. "Wir sind hingegen neu in der Szene und haben vielleicht mit unserem selbstbewussten Auftreten anderen Angst gemacht", mutmaßt Zelasko, die im Dezember das Austrittsansuchen beim Föff eingebracht hat und am 29. Jänner in einer Pressekonferenz ihren Standpunkt darlegen will.

Den Vorwurf, größere Festival zu bevorzugen, will man im Föff nicht auf sich sitzen lassen. "Grundsätzlich stehen wir im Föff für die Vielfalt der Festivals – ob klein oder groß", sagt Hartig, die selbst Leiterin des Ethnocineca ist. Auch von Intransparenz der Entscheidungen könne keine Rede sein. Es gehe beim Konflikt mit Let's Cee eher um Befindlichkeiten denn Fakten: "Wir bedauern als Verband, dass die Zusammenarbeit nicht mehr gewollt ist."

Letzte Gespräche

So oder so: Es scheint höchst fraglich, ob heuer die siebente Ausgabe von Let's Cee in Wien stattfinden wird. Die Stadt habe lediglich 35.000 Euro Förderung in Aussicht gestellt – und das, obwohl man weit unter den Kosten anderer Festivals liege, ärgert sich Żelasko: "Das ist einfach ermüdend." Zwar gebe es noch letzte Gespräche, sollte sich aber nichts Substanzielles ändern, müsse man das Festival heuer aussetzen. "Das ist gerade im Jahr der EU-Wahl ein schlechtes Symbol", zeigt sich die Let's-Cee-Chefin überzeugt.

Fraglich ist auch die Zukunft des schwul-lesbischen Filmfestivals Identities, das bisher von Barbara Reumüller organisiert wurde und zuletzt 2017 stattfand. Reumüller war für die APA nicht erreichbar. "Frau Reumüller hat nicht um eine Förderung angesucht", heißt es aus dem Büro von Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ), das ebenfalls vergeblich den Kontakt gesucht hat: "Wir bedauern das sehr."

Der Einreichtermin für das darauffolgende Halbjahr war der 15. September 2018. Zuletzt hatte Identities an zehn Tagen im Juni stattgefunden, weshalb diese Einreichfrist verstrichen ist. Die bisher von der Stadt geflossenen 160.000 Euro Unterstützung verblieben im Budgettopf für die Festivals, wird versichert.

Den Ort erhalten

Bei der letzten Deadline im September 2018 wurden zwölf Festivals, vier Sommerkinos und drei kinokulturelle Projekte für eine Förderung empfohlen, für die insgesamt 2,214 Millionen zur Verfügung stehen. Hier mag noch ein weiteres hinzukommen, hofft man doch an einem Nachfolgeprojekt für das Kino unter Sternen am Karlsplatz. Dessen Kuratorin Judith Wieser-Huber hatte im Sommer das Aus für das Open-Air-Kino verkündet. "Mit dieser knappen Finanzierung ist es unmöglich, Kino unter Sternen weiterzuentwickeln. Eine Weiterentwicklung halte ich aber für notwendig für ein lebendiges Festival", sagte Wieser-Huber damals.

Ständig neue Festivals

"Wir wollen den Ort nicht aufgeben", heißt es aus dem Büro Kaup-Haslers. Bis Ende Jänner soll feststehen, welches neue Konzept am Karlsplatz verwirklicht werden soll. Es gehe jedenfalls nicht darum, das alte Kino unter Sternen abzukupfern, sondern um neue Ideen. Die rund 100.000 Euro Förderung, die das Kino unter Sternen bis dato erhalten hat, stünden weiter zur Verfügung.

Zugleich verweist man darauf, dass ständig neue Festivals gegründet würden. Als Beispiele nennt man hier seit Installierung des Beirats das Dokufestival Undox und das Poetry-Film-Festival. Und mit dem System des Festivalbeirats sei man vollends zufrieden. Das dreiköpfige Gremium, das Empfehlungen ausspricht, habe sich bewährt. (APA, 22.1.2019)