Versuche von außen die Justiz zu beeinflussen können nicht hingenommen werden.

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Ein aktuelles Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts hat nicht nur im Sozialministerium Unmut ausgelöst, sondern auch im FPÖ-Landtagsklub Oberösterreich. Anlass war ein Versicherter, dem vom Arbeitsmarktservice die Bezüge vorübergehend gesperrt wurden, weil er sich angeblich im Rahmen eines AMS-Kurses ungebührlich benommen hätte. Das Bundesverwaltungsgericht kam zu dem Schluss, dass im konkreten Fall dieses Verhalten nicht derart weitreichend war, dass eine Sperre gerechtfertigt gewesen wäre.

Während sowohl Sozialministerin Beate Hartinger-Klein als auch AMS-Vorstand Johannes Kopf in völlig legitimer Weise sagten, man werde sich dieses Erkenntnis "genau ansehen und prüfen", legte der FPÖ-Landtagsklub Oberösterreich jedoch ein Schäuferl nach.

In einer OTS-Aussendung, die dann auch in den Medien zitiert wurde, war die Rede von einem "Skandalurteil gegen AMS-Trainer". Es sei, so wörtlich, "daher besonders verwerflich, dass das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil derartige Verhaltensweisen mehr oder weniger legalisiert. Das Gericht ist sich offenbar nicht im Geringsten im Klaren, welche katastrophale Signalwirkung das auslöst. Das ist hier geradezu ein Freibrief."

Grenzen der Debatte

Dass man mit Urteilen gleich welcher Instanz nicht immer einverstanden ist und dies auch kundtun darf, ist die eine Sache. Die andere Sache ist, wie und zu welchem Zweck dies geschieht.

Objektive mediale Berichterstattung über Gerichtsverfahren – gerade über solche von öffentlichem Interesse – ist im Sinne von Transparenz zu begrüßen. Auch werden Entscheidungen – vor allem der Höchstgerichte – in juristischen Fachzeitschriften kritisch besprochen, allerdings mit sachlichen Argumenten und zu Zwecken der Rechtsfortbildung. Ebenso ist es selbstverständlich zulässig, Gerichtsentscheidungen in rechts- und sozialpolitischer Hinsicht zu würdigen. Dabei muss es jedoch Grenzen geben, die in der öffentlichen Diskussion nicht überschritten werden dürfen.

Unabhängige Justiz

Österreich verfügt über eine sehr gut funktionierende Gerichtsbarkeit, weshalb in diese auch zu Recht großes Vertrauen besteht. Einer der wichtigsten Grundsätze der Justiz ist nun aber deren Unabhängigkeit. Richter sind weisungsunabhängig, unversetzbar und unabsetzbar. Sie sollen ohne Einflussnahme – durch wen auch immer – nach eigener, zu begründender Überzeugung urteilen. Jede Partei eines Verfahrens hat die Möglichkeit, Rechtsmittel zu erheben.

Eine rechtskräftige Entscheidung ist in einem Rechtsstaat aber hinzunehmen – genauso wie in einer Demokratie ein Wahlergebnis zu akzeptieren ist, auch wenn einem dies selbst nicht zusagen mag.

Aus diesem Grund können Versuche, von außen die Justiz zu beeinflussen, nicht hingenommen werden. Dies betrifft etwa Versuche, über Medien ("veröffentlichte Meinung") oder generell über die "öffentliche Meinung" Verfahren in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Unangebrachte Breitseiten

Ebenso abzulehnen sind aber auch Versuche von Politikern, durch untergriffige Attacken auf Gerichte "Stimmung" zu machen. Dass man Begriffe wie "Skandalurteil" nicht leichtfertig verwendet, ist nicht nur eine Stilfrage, sondern auch eine Frage der Wertschätzung gegenüber der Justiz und deren Unabhängigkeit. Oder soll sich die Rechtsprechung in unserem Land künftig statt an der Rechtsordnung daran orientieren, welche Gruppierung am lautesten poltert, und primär bestrebt sein, "Zwischenrufe" aus der politisch zweiten oder dritten Reihe hintanzuhalten?

Was mit den im konkreten Fall von einem FPÖ-Landespolitiker getätigten Äußerungen bezweckt war, kann nur vermutet werden. Dass es sich "nur" um ein Vergreifen im Ausdruck gehandelt hat, ist schwer zu glauben. Man sollte aber nicht anfangen, sich an derart unangebrachte Breitseiten gegen die Justiz zu gewöhnen. (Thomas Majoros, 22.1.2019)