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Mit Dollars in den Taschen fährt man international deutlich besser als mit Euros.

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Mit den Iran-Sanktionen wurde der EU wieder einmal verdeutlicht, wer international die Hosen anhat. Brüssel will aber nicht klein beigeben und versucht, immer wieder gewälzte Pläne zu reaktivieren. Dabei geht es vor allem um die Aufwertung des Euro als internationales Zahlungsmittel und Reserveinstrument. Zwar hat die Währung vor allem seit Ausbruch der Eurokrise an Stellenwert verloren, doch nun wittern die Europäer eine neue Chance.

Es ist Donald Trump, der auf Unilateralismus setzt und Konflikte anzettelt, während die EU einen Handelspakt nach dem anderen mit globalen Partnern initiiert oder abschließt. Das könnte auch den Euro stärken, denn es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen der Bedeutung einer Währung und der Stellung im Welthandel. Die Währungsunion spielt zwar im internationalen Austausch von Waren und Dienstleistungen eine große Rolle, doch sie hat ein gravierendes Problem: Viele der Zahlungen werden in Dollar abgewickelt, selbst wenn die USA gar nicht Geschäftspartner sind. Das gilt insbesondere für Rohstoffe, allen voran Öl.

Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny meinte kürzlich zum STANDARD: "Der Dollar ist nicht nur die stärkste Währung, die USA sind auch die größte Wirtschafts- und Militärmacht." Dass die US-Währung weit mehr als ein Zahlungsmittel ist, das sieht auch der Chef des Rettungsschirms Klaus Regling so: "Die Trump-Administration setzt den Dollar immer mehr als Waffe zur Verfolgung außenpolitischer Ziele ein."

Genau hier setzt die EU nun an, die in den Iran-Sanktionen der USA einen "Weckruf für Europas wirtschaftliche und finanzielle Souveränität" sieht, wie es in einem Strategiepapier der Europäischen Kommission heißt. Ihr Vorschlag: Vor allem bei Energie-, Rohstoff- und Flugzeuglieferungen soll die Gemeinschaftswährung den Dollar verdrängen. Unternehmen sollten entsprechende Klauseln in ihre Verträge aufnehmen, lautet die Empfehlung aus Brüssel.

Direkter Kontakt

Mit einigen Größen wie Airbus will die Kommission gleich direkt in Kontakt treten. Zudem sollen sich nicht nur europäische Einrichtungen wie der Rettungsschirm oder die Investitionsbank stärker in eigener Währung verschulden, sondern auch die EU-Länder. Und im von den Amerikanern dominierten Zahlungsverkehr – mit Mastercard, Visa oder Paypal sind wichtige Anbieter in den USA angesiedelt – will Brüssel den Aufbau eines Gegengewichts unterstützen.

So soll der Euro wieder mehr Gewicht erhalten. Beim Anteil an den internationalen Währungsreserven ist die Gemeinschaftswährung auf rund ein Fünftel abgerutscht, nachdem 2009 ein Höchstwert von 28 erreicht worden war. Die Eurokrise hat das Vertrauen in die Währungsunion nicht gerade erhöht.

Was die Chancen der EU auf eine Schwächung des Dollars erhöht: Die Europäer sind nicht die Einzigen, denen die Dominanz der Amerikaner in internationalen Finanzangelegenheiten sauer aufstößt. Russland zählt nicht ganz überraschend zu den Staaten, die schon länger auf eine Schwächung des Greenbacks setzen. Schon vor über zehn Jahren – bei Ausbruch der Lehman-Brothers-Krise, die Russland schwer traf – wurde im Kreml die Forderung erhoben, den russischen Ölexport künftig in Rubel abzuwickeln. Lange blieb es bei rhetorischen Willensbekundungen, doch die schärfer werdenden politischen Konflikte zwischen Russland und dem Westen und die Sanktionen haben in Moskau den Tatendrang diesbezüglich beflügelt.

"Kolossaler Fehler"

Im Herbst kritisierte Präsident Wladimir Putin bei der Eröffnung der "Russischen Energiewoche" einmal mehr die Politik der USA, die ihre finanzielle Stärke zur Durchsetzung politischer Ziele einsetzen. "Mir scheint, unsere amerikanischen Partner machen einen kolossalen Fehler: Sie untergraben das Vertrauen in den Dollar als universelle, de facto einzige Reservewährung", sagte Putin. Damit "sägen sie den Ast ab, auf dem sie sitzen", fügte der Kreml-Chef hinzu. Viele Länder würden im Handel wegen der Ungewissheiten bereits auf den Dollar verzichten.

Finanzminister Anton Siluanow bestätigte, dass die Regierung an einem Maßnahmenpaket zum Dollarausstieg arbeite. Mit China, dem größten Handelspartner Russlands, hat Moskau schon Vereinbarungen zum Übergang auf Rubel- und Yuan-Verrechnungen getroffen. Ähnliches ist mit der Türkei und dem Iran geplant.

Und auch bei den Währungsreserven hat Russland praktische Schritte unternommen: Die Zentralbank hat ihre Reserven umgeschichtet und Dollar-Aktiva im Wert von 101 Milliarde Dollar abgestoßen. Im Gegenzug kaufte der russische Finanzregulator andere Währungen auf; in erster Linie Euro und Yuan, aber auch japanische Yen hortete die Zentralbank.

Kreml verkaufte Dollars

Die Dollarreserven belaufen sich damit nur noch auf 22 Prozent der Gesamtreserven Russlands. Das ist der niedrigste Stand in der neueren russischen Geschichte. Die Zentralbank bereitet sich damit auch auf weitere US-Sanktionen vor, die seit Monaten wie ein Damoklesschwert über der russischen Volkswirtschaft hängen. So wird in Washington beispielsweise diskutiert, westlichen Banken den Kauf russischer Staatsanleihen zu verbieten – oder aber russischen Banken den Handel mit Dollar.

Schon zuvor hat die Finanzaufsicht ein mehr oder weniger autonomes Zahlungssystem in Russland eingeführt – für den Fall, dass die USA Russland vom internationalen Bankensystem abschalten wollen. (Andreas Schnauder, André Ballin, 29.1.2019)