Wien – Krisenpflegeeltern sollen künftig erst dann Kinderbetreuungsgeld bekommen, wenn sie das Kind mindestens drei Monate durchgehend betreuen – das geht aus einem Antrag der Regierungsparteien hervor. Liste Jetzt-Familiensprecherin Daniela Holzinger ist ob dieses Lösungsvorschlags empört: "Das geht in die völlig falsche Richtung", allen Krisenpflegeeltern sollte Kindergeld zustehen.

Das Thema hatte vergangenes Jahr für Aufregung gesorgt, weil nach einem Entscheid des Oberlandesgerichtes Graz einer Krisenpflegefamilie, die ein Kind kürzer als 91 Tage bei sich hat, kein Kindergeld zusteht. Und das, obwohl der Oberste Gerichtshof (OGH) 2013 solchen Noteltern das Kindergeld sehr wohl zugesprochen hatte. Solange es keine aktuelle höchstgerichtliche Entscheidung gebe, sei die Angelegenheit nach Angaben von Rechtsexperten eigentlich Auslegungssache, erklärte Holzinger. Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) wische das einfach weg und wolle die viel kritisierte Situation nun zulasten der Krisenpflegeeltern festschreiben, ärgerte sich die Abgeordnete im APA-Gespräch.

Bogner-Strauß hatte noch Ende September im Radio gemeint, dass es um rund 50 Fälle pro Jahr gehe: "Und die werden auch in Zukunft ein Kinderbetreuungsgeld bekommen, selbst wenn sie die Kinder nicht drei Monate haben", versprach sie damals. Laut dem nunmehrigen Antrag von ÖVP und FPÖ, der laut Holzinger für den Familienausschuss am Donnerstag angekündigt wurde, heißt es allerdings: "Eine Krisenpflegeperson hat (...) Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für dieses Krisenpflegekind, sofern sie es mindestens 91 Tage durchgehend in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft betreut." In der Regel seien Krisenpflegekinder den vermittelnden Stellen zufolge aber nur sechs bis acht Wochen bei ihren Noteltern, so Holzinger, es würden so also viele um das Kindergeld umfallen.

Der vorgelegte Antrag sei dementsprechend "keine Lösung", kritisiert Holzinger. Die Liste Jetzt pocht darauf, dass Krisenpflegeeltern unabhängig von der Dauer vom ersten Tag an Kindergeld bekommen, wenn sie sich bereit erklären, sich um ein Kind in einer Notsituation zu kümmern, wie Holzinger betont.

SPÖ sieht "Murks"

Die SPÖ reagiert wie die Liste Jetzt (vormals Pilz) verärgert auf den türkis-blauen Antrag zum Kindergeld für Krisenpflegeeltern. In einer Aussendung ortete SPÖ-Familiensprecherin Birgit Sandler eher einen Murks denn eine Reparatur: "Es ist wirklich unverständlich, warum diese Regierung diese engagierten und couragierten Menschen für das, was sie jeden Tag leisten, auch noch bestrafen will."

Daran, dass es erst ab rund drei Monaten Anspruch aufs Kindergeld geben soll, erkenne man, "dass diese Regierung keine Ahnung hat, wie das Leben von Krisenpflegeeltern abläuft", meinte Sandler. Sie forderte einen Runden Tisch mit Betroffenen, Opposition und Arbeiterkammer.

Kritik auch von AK

Auch von der Arbeiterkammer erntet der Antrag der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ zum Kinderbetreuungsgeld für Krisenpflegeeltern Kritik: Dieser sieht einen Anspruch ab drei Monaten vor, Krisenpflegeverhältnisse dauerten aber in aller Regel nur sechs bis acht Wochen, weil die Kinder entweder zu den leiblichen Elternteilen oder zu einer Dauerpflegefamilie kommen, erklärte die AK am Dienstag.

Obwohl Krisenpflegeeltern oft mehrere Kinder hintereinander oder überlappend in Pflege haben, hätten sie so nie Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld, monierte die AK. "Die neuen Vorgaben erweisen sich damit als Ausschlusskriterium vom Kinderbetreuungsgeld für die Krisenpflegeeltern." AK-Präsidentin Renate Anderl forderte von der Familienministerin eine Einbindung der Arbeiterkammer-Experten, um eine bessere Lösung zu finden. Von Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) lag noch keine Stellungnahme zur Kritik am Antrag der Regierungsfraktionen vor. (APA, 29.1.2019)