Neben Weitwurfversuchen die größte Gefahr für Handys: Altwerden!

Elmar Gubisch

Mein neues Taschentelefon ist eine feine Sache. Ich besitze es seit zwei Wochen, Die Speicherbank, oder wie das heißt, ist wahnsinnig viel größer, die Kamera arbeitet schärfer und nicht so verwackelt, und es ist nicht so alt wie das alte. Außerdem wollte ich es erst drei Mal aus lauter Zorn quer durch die Wohnung pfeffern.

Der Hauptgrund für diese starken Gefühle mag unter anderem darin begründet liegen, dass ich die Schutzfolie nicht ordnungsgemäß aufgepappt habe, und dass ich seither ungefähr zehn Mal täglich irgendein Passwort für Konten eingeben muss, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie habe.

Nadeln ins Kabel

Ich habe übrigens einmal tatsächlich ein Handy durch die Bude geworfen, weil weder die Touch-ID noch der Entsperrungscode funktioniert haben. Das Gerät hat gar nicht mir, sondern jemand anderem gehört und benötigte eine sechs-, nicht eine vierstellige Zahlenkombination so wie meines.

Habe ich schon einmal erzählt, dass ich in meiner Kindheit noch mit einem Vierteltelefon im Elternhaus aufgewachsen bin? Für die jüngeren Leser: Das bedeutete einen Telefonanschluss für vier Haushalte. Wenn die Mutter einen dringenden Anruf erwartete, musste ein Kind rüber zu den Nachbarn laufen und sie bitten, dass sie in der nächsten Stunde nicht telefonierten. Wenn andererseits die Nachbarstochter stundenlang dem Hörer ihr pubertäres Leid in die Muschel jammerte, konnte man mithören – oder eine Nadel ins Telefonkabel stecken. Dann wurde die Leitung frei. Irgendwas mit Strom und Kontakten.

Stimmen aus der Geisterwelt

Meine Großmutter rannte beim Läuten des Teufelszeugs übrigens immer aus dem Zimmer. Damit sie nicht abheben musste. Sie hat ihr Leben lang nicht telefoniert. Stimmen aus der Geisterwelt, nicht ihr Ding. Das war aber egal, meine Tante ist sowieso einmal im Monat die Straße rübergekommen, um die Rente abzuholen. Da konnte man eh alles kurz besprechen oder gemeinsam jemanden ausrichten.

In den Fernsehapparat hat die Oma allerdings gern hineingeschimpft. Der hat auch geredet, man sah dazu aber Menschen. Jazz-Beatles, Kreisky, Ölkrise: alles Saugfraster! Oft auch langhaarig. Und schlimmeres. Wir sehen, meine Einstellung gegenüber moderner Technik ist zwiespältig. (Christian Schachinger, 20.2.2019)