Der Mautsystementwickler Kapsch steckt in einem hartnäckigen Rechtsstreit mit dem tschechischen Staat.

Foto: Kapsch AG

Prag/Wien – Die tschechische Polizei hat Donnerstagfrüh am Sitz der Kapsch AG in Prag eine Razzia durchgeführt. Die Durchsuchung erfolgte auf Anweisung der Zentrale gegen das organisierte Verbrechen und der Oberstaatsanwaltschaft Olmütz. Dabei wurde auch die Wohnung des Generaldirektors Karel Feix gefilzt.

Razzien gab es auch im Rathaus Brünn-Mitte, im Amt für Wettbewerbsschutz und bei Jaroslav Faltýnek, dem stellvertretenden Vorsitzenden und Fraktionschef der liberal-populistischen Regierungspartei Ano von Premier Andrej Babis. Laut seinem Anwalt wird Faltýnek aber keiner Straftat verdächtigt; der Tschechische Rundfunk berichtete, dass die Polizei von ihm lediglich bestimmte Dokumente verlangt habe.

Ob und inwieweit diese Aktion auch mit dem Polizeieinsatz beim Mautbetreiber Kapsch zusammenhängen, ist nicht bekannt. Polizeikreisen dürfte dies eher nicht der Fall sein. Denn der Sprecher der Zentrale gegen das organisierte Verbrechen, Jaroslav Ibehej, sagte, sein Amt ermittle in zwei unterschiedlichen Verdachtsfällen. Von der Staatsanwaltschaft Olmütz hieß es, man stehe erst am Anfang und werde vorerst keine Details nennen.

Nach Razzia geschlossen: "Heute bleibt das Bezirksamt Brünn-Mitte geschlossen. Wir entschuldigen uns und danken für Ihr Verständnis."
Foto: Schubert

An den Razzien waren 60 Arbeitsgruppen der Polizei mit insgesamt mehreren hundert Beamten beteiligt. Nähere Informationen will die Staatsanwaltschaft Olmütz entweder Donnerstagabend oder Freitagvormittag veröffentlichen.

Kapsch Traffic betreibt in Tschechien seit 2007 das elektronische Autobahnmautsystem. Ab 2019 soll das Konsortium Skytoll/Czechtoll dieses System übernehmen. Kapsch hatte beim Kartellamt zwar die Annullierung des Vertrags mit dem Übernehmer-Konsortium beantragt, die Beschwerde wurde aber zurückgewiesen. Das Verfahren laufe noch, heißt es bei Kapsch.

Keine Informationen

Die tschechischen Ermittlungsbehörden haben nicht nur den den Generaldirektor von Kapsch TrafficCom in Tschechien, Karel Feix, im Visier, sondern verdächtigen auch den Leiter der tschechischen Wettbewerbsbehörde UOHS, Petr Rafaj, der Korruption. Das berichteten tschechische Medien, nachdem Donnerstagfrüh die Büroräumlichkeiten von Kapsch und die Privatwohnung von Feix durchsucht worden waren.

Kapsch TrafficCom bestätigte die Razzia. "Wir haben zu momentanen Zeitpunkt aber keine offizielle Information darüber, was uns, Karel Feix oder dem Kapsch-Management angelastet wird", sagte Kapsch-Sprecher Alf Netek. "Herr Feix kooperiert mit den Behörden. Auch wir sind an einer Aufklärung der Sache interessiert." Das Nachrichtenportal Novinky.cz berief sich auf den Durchsuchungsbefehl. Es bestehe der Verdacht auf Annahme von Schmiergeld sowie Bestechung und Amtsmissbrauch im Zusammenhang mit der Ausschreibung für den weiteren Betrieb des Lkw-Mautsystems. (red, APA)