Europa hat den US-IT-Giganten wenig entgegenzusetzen.

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Der Vormarsch der US-Tech-Giganten scheint unaufhaltsam. Google, Facebook und Amazon dominieren die zukunftsträchtigen Geschäftsfelder in ihren Bereichen, Europa hat dem nichts entgegenzusetzen. Bisher. Einer, der das nicht hinnehmen will, ist Stephan Schulmeister. Der Ökonom fordert massive europäische Anstrengungen, um ebenbürtige Rivalen zu schaffen.

Er zieht dabei eine Parallele zu den 1960er-Jahren, als Boeing das Fluggeschäft dominierte. Nur durch staatlich gelenkte Investitionen in das Projekt Airbus konnte Europa gegensteuern, schildert der frühere Wifo-Mann. Diese Initiative könne als Vorbild für Software und IT herangezogen werden. Schulmeisters Alarm, den er bei einer Diskussion der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgruppe BDO deponierte: "Europa wird zur Kolonie der USA."

"The winner takes it all"

Die Situation werde dadurch verschärft, dass riesige Monopole entstünden und immer weiter wachsen. Und sich potenzielle Rivalen – siehe den Kauf von Instagram und Whatsapp durch Facebook – einverleiben. Schulmeister umreißt die Strategie der Tech-Riesen so: "The winner takes it all." Die chinesische Politik mit ihren Verboten für Google oder Facebook hält der Ökonom für durchaus sinnvoll.

Stephan Schulmeister warnt vor einer Kolonialisierung Europas.
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Schulmeister saß Donnerstagabend unter anderen mit Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) am Podium, der den österreichischen Vorstoß für eine Digitalsteuer thematisierte. Laut Schulmeister "bringt die Digitalsteuer null" gegen die Monopolisierung im IT-Geschäft. Voestalpine-Finanzchef Robert Ottel hielt dem Ökonomen entgegen, dass Facebook oder Google auch keine staatlichen Gründungen seien, sondern die USA aufgrund ihrer kulturellen Einstellung mehr Innovationen hervorbrächten. Schulmeister ließ das nicht gelten und verwies auf den enormen Einfluss staatlicher Labors oder militärischer Programme in den USA und deren Innovationen.

Löger: Facebook nicht strangulieren

Löger stellte klar, dass es ihm nicht darum gehe, Google oder Facebook zu strangulieren, sondern ihnen einen fairen Steueranteil abzuverlangen. Das Scheitern der Pläne für eine EU-weite Digitalsteuer bedauerte der Minister, der dabei einen weiteren Punkt aufwarf: Für die IT-Konzerne wäre eine europaweite Besteuerung praktikabler gewesen als ein Fleckerlteppich, der sich nun in Europa abzeichne.

Steuer auf Versand

Auch die Regierung will 2020 eine Digitalsteuer in Österreich umsetzen. Zur ihr zählt neben einer dreiprozentigen Werbeabgabe (sie gilt dann einheitlich für alle Werbeformen) die Einführung der Umsatzsteuer auch auf Versandpakete aus Drittstaaten unter einem Wert von 22 Euro. Dritter Punkt ist eine Haftung für Plattformen wie Airbnb für Abgaben.

Finanzminister Löger will einen Alleingang bei der Digitalsteuer.
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Zur Steuerreform selbst blieb Löger recht vage, konkrete Maßnahmen sollen am 15. April vorliegen. Die Verschiebung der Abschaffung der kalten Progression verteidigte der Minister. Dafür werde die Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen schon 2020 wirksam. Er relativierte die Bedeutung der kalten Progression, deren Effekt er mit 500 Millionen Euro im Jahr bezifferte. Verschiedene Experten haben da deutlich höhere Werte ermittelt.

BDO-Partner Berndt Zinnöcker sprach sich bei der Veranstaltung für einen starken Fokus auf Vereinfachung des Steuersystems aus. Die Vereinheitlichung der Einkunftsarten und der Bemessungsgrundlagen sei ebenso ratsam wie eine Ausdehnung der Pauschalierungen für Kleinunternehmen. (Andreas Schnauder, 15.3.2019)