In seinem neuen, nun auch in deutscher Übersetzung vorliegenden Buch "Erhöhtes Risiko" konzentriert sich der amerikanische Bestsellerautor Michael Lewis auf einen bislang zu wenig gewürdigten Aspekt der Ära Trump: das mit gnadenloser Konsequenz durchgezogene Bekenntnis zur vorsätzlichen Unwissenheit.

Der im Buch schmerzlich genau beschriebene, von grotesker Inferiorität geprägte Umgang des US-Präsidenten mit der Arbeit einiger der wichtigsten Ministerien seines Landes zeigt, dass er Wissenschaft und evidenzbasierte Forschung nicht bloß ignorieren, sondern aktiv bekämpfen will. Das führt, neben einer sträflichen Vernachlässigung der Schutzmaßnahmen gegen Bedrohungen wie Cyberangriffe, Atomunfälle oder Naturkatastrophen, auch dazu, dass zuvor öffentlich zugängliche Klimadaten der Umweltbehörde ebenso gelöscht wurden wie Inspektionsberichte von Unternehmen, die wegen Tierquälerei belangt worden waren, Kundenbeschwerden gegen Finanzinstitute oder sogar einfache Wetterberichte. Deshalb lautet das Fazit von Lewis: "Trumps Haushalt und die gesellschaftlichen Kräfte, die dahinterstehen, werden von dem perversen Bedürfnis angetrieben, nichts zu wissen und dumm zu bleiben."

Ähnliche Vorwürfe musste sich in jüngster Vergangenheit auch die österreichische Bundesregierung gefallen lassen. Neben Kritik wegen genereller Ignoranz gegenüber Expertenanalysen und wissenschaftlichen Studien zu Themen wie Bildungspolitik, Mindestsicherung oder Kriminalitätsbekämpfung gab es auch einen offenen Brief an Bildungsminister Faßmann, in dem 330 Wissenschafter gegen politische Einflussnahmeversuche auf die Forschung der Statistik Austria protestierten.

Kann man hier also von "Trumpismus im Kleinformat" sprechen? Oder zumindest im "Hartinger-Kleinformat"? Die Sozialministerin gilt nämlich als Speerspitze postfaktischer Regierungspolitik. Das äußert sich nicht nur in clownesken öffentlichen Hysterieanfällen à la "Wer schafft die Arbeit?", oder Kompetenz-Offenbarungseiden, die an ihre legendäre Vorgängerin Elisabeth Sickl gemahnen, sondern auch in der von Hartinger-Klein verordneten Streichung von Fragen nach der Zufriedenheit von Arbeitnehmern in einer Untersuchung der Statistik Austria. Begründet hat sie diese Zensur mit dem bemerkenswerten Argument: "Bei der Umfrage handelt es sich um Meinungen, aber nicht um notwendige Fakten zum Thema Zufriedenheit mit Arbeitszeit."

Die Idee, Zufriedenheit ohne Berücksichtigung von Meinungen zu messen, erinnert an den Wunsch nach einer Restaurantkritik, die auf eine Beurteilung des Essens verzichtet, und ist absolut Trump-würdig. Wie das gehen soll, ist rätselhaft, aber vielleicht sollte es die Statistikbehörde künftig mit Multiple-Choice-Fragen probieren, die ganz nach den Vorstellungen der "Ich bin die Wärme"-Ministerin gestaltet sind, z. B.: Wie lösen wir das Problem der Pflegefinanzierung? a) durch Zwangspflege, b) durch Wärme, c) mit 150 Euro im Monat oder d) durch Einsatz der Pflegefälle in der Borkenkäferbekämpfung. Oder: Sind Sie mit Ihrer Arbeitszeit zufrieden? a) ja eh, b) ja mei, c) ja, was soll ich sagen oder d) frage nicht. (Florian Scheuba, 27.3.2019)