Es wäre erfreulich, wenn so etwas im Konzertsaal Normalität wäre: ein gewichtiges Werk eines Zeitgenossen, kombiniert mit einem Beitrag aus der Geschichte, sinnig ergänzt dank gemeinsamer Bezugspunkte. Das Programm der Münchner Philharmoniker und ihres Chefdirigenten Valery Gergiev im Musikverein versprach genau das.

Wolfgang Rihm fühlt sich einem Muster des späten 19. Jahrhunderts verpflichtet: "Uns muss es schütteln vor Energie, oder wir müssen lautlos sein vor Leere, dann sind wir Komponisten", hat er sein Credo einmal zusammengefasst. Sein Transitus III für Orchester klang bei der österreichischen Erstaufführung so, als wäre beides gleichzeitig geschehen. Der Titel verspricht "Übergang", es wuselt und bewegt sich wie in einem Ameisenhaufen. Ein Prozess ist aber gerade nicht zu erkennen, das brillant geschriebene Stück tritt vielmehr auf der Stelle und vermittelt bei aller Hyperaktivität keine Richtung. Vertraute tonale Harmonik und Motivik ist gerade so weit verfremdet, dass sie Verlässlichkeit suggeriert und doch zu beliebiger Redundanz führt.

Freilich wurde das Ganze von einem herrlich klingenden Orchester nobilitiert, das erst bei der 4. Symphonie von Anton Bruckner ("Romantische") ganz in Fahrt kam: Gergiev setzte auf machtvolle Spannungsbögen und Steigerungskurven und ließ dies jedenfalls dringlicher wirken als das Werk zuvor. Das Publikum reagierte direkt: matter Applaus bei Rihm, massive Zustimmung bei Bruckner. (Daniel Ender, 1.4.2019)